Drei Frauen in weißen Shirts

LiebesLeben: Worauf bist du stolz?

Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.

Anknüpfend an die letzte Ausgabe von LiebesLeben, die von Selbstzweifeln und Verlustängsten handelte, soll es heute um das komplette Gegenteil dessen gehen: nämlich um den Selbstwert. Und das nicht in Form eines weinerlichen seelischen Ergusses über den Mangel an Selbstwertgefühl, sondern in Form eines empowernden Textes über den Selbstwert selbst.

Denn man kann natürlich ewig vor dem Spiegel stehen und in jeder Stelle seines Körpers eine Problemzone sehen, im Hinterkopf ein perfektes Bild von einer perfekten Person, das man kürzlich auf Instagram gesehen hat. Aber wozu? Was bringt es am Ende? Natürlich kann ich weiterhin bei jedem Blick in den Spiegel denken, dass meine Hüfte zu schmal und mein Hintern zu klein ist. Oder ich lerne zu verstehen, dass auch durchschnittliche Hüften gut sind und ein Hintern nicht überdimensional riesig sein muss, um schön zu sein.

Ich habe mir geschworen, nicht mehr mit zweierlei Maß zu messen, was meinen eigenen Körper im Vergleich zu den Körpern anderer Frauen angeht; mich am besten gar nicht mehr zu vergleichen und auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen. Und damit ist schon mal eine ganze Menge geschafft.

Was aber noch viel wichtiger ist als das, ist die Entwicklung eines Selbstwertgefühls, das darauf basiert, was wirklich zählt. Was man erreicht hat. Worauf man stolz ist. Denn das führt man sich viel zu selten vor Augen. Ich will euch von drei Dingen erzählen, die ich erreicht habe und auf die ich stolz bin. Und jede Person, die diese Zeilen gerade liest, sollte das im Stillen auch tun. Es ist völlig egal, ob es sich dabei um Dinge handelt, von denen ihr glaubt, dass sie für andere vielleicht ganz selbstverständlich sind. Worauf man stolz ist, ist vollkommen subjektiv, weil jeder Mensch individuell ist. Also, hier sind drei Dinge, auf die ich stolz bin:

Ich bin stolz darauf, ein offener Mensch geworden zu sein. Vor einer Weile habe ich meine Mutter gefragt, ob sie gedacht hätte, dass ich mich in dieser Hinsicht so entwickeln würde, wie ich es getan habe – und sie hat nein gesagt. Oft ist man am meisten stolz auf die Dinge, in denen man früher nicht gut war. Man weiß es am meisten zu schätzen, dass man sich genau diese Fähigkeiten angeeignet hat, weil es mal eine Zeit gab, in der sie nicht selbstverständlich waren. Und so ist es mit dieser Sache. Denn als Kind und auch noch als Jugendliche war ich ziemlich schüchtern und stand mir so leider viel zu oft selbst im Weg. Ich wollte nicht dort spielen, wo andere Kinder waren, ich bin nicht von selbst auf andere Kinder zugegangen und selbst wenn jemand auf mich zukam, war ich sehr zurückhaltend. Mittlerweile bin ich das nicht mehr. Vor drei Jahren hätte ich mir nicht zugetraut, spontan einen Flug zu buchen, am nächsten Tag schon auf dem Weg in ein anderes Land zu sein, keine Unterkunft zu haben – und mich trotzdem irgendwie durchzuschlagen. Ich hätte mir nicht zugetraut, mich allein auf eine Reise zu begeben und trotzdem nicht allein zu sein, weil ich so tolle Menschen kennenlerne. Weil ich offen dafür bin, neue Menschen kennenzulernen.