Drei Frauen in weißen Shirts

LiebesLeben: Worauf bist du stolz?

Ich bin außerdem stolz darauf, dass ich meinen Weg gegangen bin und das gemacht habe, was ich eigentlich immer machen wollte. Für mich war das lange nicht selbstverständlich. Ich habe geglaubt, das machen zu müssen, wovon ich dachte, dass meine Eltern es am besten fänden. Als ich das dann tatsächlich versucht hatte, ist mir klargeworden, dass ich es einfach nicht kann – und so habe ich zum ersten Mal wirklich gelernt, für mich selbst einzustehen. Denn das Einzige, was ich immer wollte, war Schreiben. Und das mache ich jetzt. Ich bin stolz auf (fast) alles, was ich in den letzten vier Jahren geschrieben habe, auf jede Praxiserfahrung, die ich mitgenommen habe, und vor allem bin ich stolz auf diese Kolumne. Sie ist mein Baby.

Und ich bin stolz darauf, dass ich mittlerweile gehen kann, wenn ich das Gefühl habe, dass es an der Zeit ist, jetzt zu gehen. Es gibt Menschen, die von Natur aus eher Schwierigkeiten damit haben, zu bleiben – und Menschen, die von Natur aus eher Schwierigkeiten damit haben, zu gehen. Ich denke, dass ich zu letzterer Sorte gehöre. Ich habe als Kind und Jugendliche lange in einer Situation verharrt, die mir nicht gut getan hat, weil ich es nicht übers Herz gebracht habe, zu gehen. Und auch generell hatte ich oft Angst davor, was passiert, wenn dieser Lebensabschnitt Schulzeit mit all seiner Sicherheit und all seinen festen Rahmenbedingungen vorbei ist; Angst davor, gehen zu müssen – wobei ich gleichzeitig immer wusste, dass ich genau das tun muss. Dass ich meine Heimatstadt verlassen muss, um meine Träume zu verwirklichen. Obwohl es mir wirklich schwergefallen ist, habe ich es getan und dabei gelernt, dass – so floskelhaft es auch klingt – ein Ende auch immer ein Anfang ist. Seitdem habe ich keine Schwierigkeiten mehr damit, Orte zu verlassen, an denen ich hänge. Menschen zu verlassen, die ich liebe, fällt mir zwar immer noch nicht leicht, aber zumindest leichter als früher. Abschiede tun weh, sicher. Aber nicht zu gehen, obwohl ich spüre, dass es richtig wäre – das könnte ich mir nie verzeihen. Und diese Vorstellung ist viel schmerzhafter.

Ich hoffe, dass sich alle, die es bis hierher geschafft haben, ebenfalls drei Dinge überlegt haben, auf die sie stolz sind. Selbstwert ist ein Begriff, der inflationär verwendet wird und dadurch irgendwie an Wert zu verlieren scheint. Aber lasst euch nicht täuschen – denn Selbstwert ist so bedeutungsvoll wie eh und je. Nur wenn du dir selbst etwas wert bist, werden andere dich auch entsprechend behandeln.

Mehr von LiebesLeben:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTwitter und Instagram!

Bildquelle: Monstera on Pexels; CC0-Lizenz