Wehende Deutschlandfahne

AfD und „Querdenken“ – Warum ist der Osten so rechts?

„Woher kommst du?“, werde ich regelmäßig gefragt, wenn ich in anderen Städten unterwegs bin.

Ich sage: „Aus Dresden“, spiele mit einer Haarsträhne und lächle nervös.

Denn Dresden scheint für die meisten Menschen nicht einfach irgendeine Stadt zu sein. Stattdessen gibt es zwei Assoziationen:

1. Schöne Häuser

2. „Sind dort nicht nur Nazis?“

Vor allem letztere Annahme ist in den Köpfen der Menschen offensichtlich sehr präsent. Und wer könnte es ihnen verdenken, wenn man die Schlagzeilen betrachtet, die Dresden seit Jahren macht?

Dresden, 13.03.2021: Hunderte Menschen bei verbotener „Querdenken“-Demo, 12 verletzte Polizist*innen.

Dresden, sechs Jahre zuvor: 25.000 Pegida-Demonstrant*innen.

Dresden, 13.02. jeden Jahres: Neonazi-Aufmärsche an dem Tag, an dem 1945 die Innenstadt bombardiert wurde.

Für die meisten steht fest: Der Osten ist rechts. Dafür gibt es im Grunde zwei mögliche Erklärungen. Entweder die Menschen in Ostdeutschland sind einfach dümmer als die im Westen. Unwahrscheinlich. Die zweite Möglichkeit ist, dass es gravierende strukturelle Unterschiede gibt. Aber welche könnten das sein?

Moral muss man sich leisten können

Wirtschaftswachstum und Demokratie hängen unweigerlich miteinander zusammen – das ist in der Politikwissenschaft unumstritten. Laut Modernisierungstheorie wird der Systemwandel hin zur Demokratie mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung wahrscheinlicher. Nun hat die Transition von der Diktatur zur Demokratie faktisch vor mehr als 30 Jahren stattgefunden. Das heißt aber nicht, dass sie auch automatisch in den Köpfen verankert ist. Schließlich beeinflusst die Zufriedenheit mit der Wirtschaft auch die Zufriedenheit mit dem System. Und die wirtschaftliche Lage in Ostdeutschland ist nun einmal – nett ausgedrückt – ziemlich bescheiden.

Laut einem Artikel der Frankfurter Rundschau fingen die Probleme damit an, dass die von der Treuhand vorgenommenen Liquidationen und Privatisierungen der volkseigenen Betriebe dafür gesorgt haben, dass von 1990 bis 1994 zwei Drittel der Industriearbeitsplätze verlorengegangen sind. Die verbliebenen, „guten“ Stellen wurden dann zum Großteil von Westdeutschen übernommen. Der Übergang von Diktatur und Sozialismus zu Demokratie und Kapitalismus ist sicherlich ohnehin nicht einfach. Aber wenn zwei Drittel der Arbeitsplätze für einen symbolischen Wert von zumeist einer D-Mark verkauft werden, ist das wahrscheinlich nicht unbedingt förderlich für die Integration derer, die genau diese Arbeitsplätze verloren haben.