Stadionatmosphäre

Schulsport nach dem amerikanischen Modell: Eine Alternative zum Vereinssport?

Sportvereine – die einzigen Orte für Teamsport? Schluss damit! Lasst den Schulsport hochleben!

Die Corona-Pandemie führte dazu, dass im Jahre 2021 die Mitglieder in deutschen Vereinen und Verbänden stark zurückgingen. Während manche von einem Vereinssterben sprechen, sehen andere nur einen temporären Einbruch. Im Vergleich zu anderen Ländern ist Deutschland jedoch weiterhin an der Spitze, was die Anzahl an Vereinen angeht. Die Wurzeln dieser deutschen Vereinskultur oder gar Vereinsliebe, liegen in der Zeit der napoleonischen Herrschaft, als viele politische Vereine in Deutschland gegründet wurden. Heutzutage denkt man bei Vereinen eher an die klassischen Sportvereine.

Der Kult um diese schwindet  jedoch . Immer mehr Menschen wechseln zu Individualsportarten. Mehr Arbeit, ein dichter Zeitplan, weniger Flexibilität, die Bindung an Vereinszeiten fällt immer schwerer. Tritt man einem Sportverein für Teamsport dauerhaft bei, opfert man viel Freizeit und möglicherweise auch soziale Kontakte. Daher entsteht in den Vereinen oft eine eigene Familie, die nach außen auch sehr geschlossen wirken kann. Es kann schwer sein für Neulinge Fuß zu fassen, akzeptiert zu werden und Spielzeit zu bekommen. Das erinnert manchmal fast schon an Filterblasen, wie man sie aus dem Internet kennt. Trotzdem macht Teamsport großen Spaß, fördert soziale Kompetenzen und hält fit.

Wieso die coronabedingte Stagnation nicht einfach nutzen, um das Konzept Vereinssport zu überdenken?

Hierfür könnte man bei Schülern und Schülerinnen anfangen, die aktuell noch von ihren Eltern zum örtlichen Fußball-, Schwimm- oder Turnverein gefahren werden. Gerade für junge Leute könnte eine Orientierung am amerikanischen Sportsystem, das Schule und Sport stärker verbindet, viel Gutes hervorbringen. Konkret würde das bedeuten, neben dem Schulsport im Unterricht, Schulmannschaften in verschiedenen Sportarten aufzustellen und diese als Wahlkurse anzubieten. Vormittags zusammen pauken, nachmittags zusammen Sport machen oder andersherum. Eine Vielzahl an Sportarten und Sportstätten direkt an dem Ort, den man eh schon täglich besucht. Zusammenarbeit beim Volleyballblock oder dem Fußball-Doppelpass und Zusammenarbeit beim Gleichungen lösen oder dem Geschichtsreferat. Neben den sozialen und körperlichen Komponenten spielt vor allem die Stärkung der Schulgemeinschaft und das Schaffen eines Zugehörigkeitsgefühls eine wichtige Rolle.

Bei den amerikanischen College-Sportteams sind häufig mehr Zuschauer und Zuschauerinnen im Stadion als bei den Profiteams des gleichen Sports. In Deutschland würde das in der Theorie bedeuten, dass das Fußballspiel der Ludwig-Maximilians-Universität München gegen die Technische Universität Dortmund mehr Leute ins Stadion lockt als das Spiel der Bundesliga-Profis aus den gleichen Städten. In den USA setzt sich das Publikum dabei vor allem aus Studierenden, ehemaligen Studierenden sowie deren Familien zusammen. Die enge Verbundenheit zur Schule beziehungsweise zu Schulmannschaften, bietet einen angenehmen Gegenentwurf zum oftmals im Sport vorherrschenden Lokalpatriotismus. Durch den jährlichen Zuwachs und Abgang von Schülern und Schülerinnen werden die Strukturen innerhalb der Teams nicht zu starr und dem Problem des mangelnden Nachwuchses in Vereinen könnte man Ade sagen.

Zwar gibt es in Deutschland Sport-AGs und den Hochschulsport, doch fehlen hier Mannschaften im Namen der Schule. Teams, denen die ganze Schule zujubeln kann und auf die man am Wochenende gemeinsam anstoßen kann. Man könnte jungen Menschen zeigen, dass Schule mehr als nur Unterricht, Hausaufgaben und Noten ist. Schüler und Schülerinnen sollten nicht um 13 Uhr nach Hause gehen, um stundenlang zu lernen, sondern lieber einen Staffellauf machen, Tore schieße, gemeinsam musizieren oder malen, wenn kein Interesse an den Sport-Wahlkursen besteht. Das würde aus der Schule einen persönlicheren Ort machen als die graue Bildungsfabrik, die sie oftmals zu sein scheint.

Sicherlich steht einem solchen Wandel viel im Weg. Es ist unrealistisch, dass staatlich finanzierte Schulen dafür genug Geld und Personal aufbringen können, da es ihnen ja bereits an beidem mangelt. Die Lobby der großen Fußballvereine, die junge Talente teilweise schon im Grundschulalter verpflichten, hätte sicherlich auch etwas gegen großangelegten Schulsport. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob man den Teenagern und Studierenden neben dem schulischen Leistungsdruck auch noch einen sportlichen Leistungsdruck zumuten möchte.

Dennoch vermag es bessere Wege als die strikte Trennung von Sport- und Bildungswesen zu geben. Ein Anfang könnten häufigere, größere, schlicht besser organisierte Turniere unter den Schulen mit den bestehenden Teams oder AGs sein. Hinzu weniger Hausaufgaben, mehr Wahlpflichtfächer und generell ein breiteres, attraktiveres Freizeit- und Sportangebot an Schulen in Deutschland.


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Bildquelle: Jimmy Conover via Unsplash; CC0-Lizenz