Eine Frau steckt einen Finger in einer Grapefruit.

Das Vaginismus Buch: die Angst vor der Penetration

Einfühlsame und persönliche Therapie

Bevor ich das Buch gelesen habe, hatte ich keinerlei Berührungspunkte mit der Thematik und dementsprechend unwissend bin ich in das Buch eingestiegen. Dr. med. Julia Reeve schafft es jedoch, mit ihrer einfühlsamen und deutlichen Sprache komplexe medizinische Vorgänge verständlich zu machen. Sie hat eine Therapie konstruiert, die einen flächendeckenden Einblick in die Erkenntnisse von Vaginismus bietet und erklärt, wie und warum Vaginismus auftritt und was beim Sex im Beckenbodenbereich und dem Gehirn passiert. Aufgrund ihres umfangreichen Wissens in gynäkologischen, psychotherapeutischen und sexualwissenschaftlichen Bereichen ist es Julia Reeve möglich, die Thematik mittels unterschiedlichster Perspektiven zu erläutern und über traumatische Erfahrungen von Patient*innen, die Reflex-Reaktion im Amygdala (paariges Kerngebiet im Gehirn) und individuelle Lösungsvorschläge zu sprechen.

Die Therapie umfasst 30 Tage, die nach dem Beenden des Buches mit dem Ziel abgeschlossen ist, zum ersten Mal (oder endlich wieder) penetrativen vaginalen Sex zu haben. Das 268-seitige Buch ist gefüllt mit medizinischen Wissenskapiteln, eigenen kleinen Übungen, Abbildungen, Fallbeispielen und wertvollen Tipps der Autorin. Im Fokus ihrer Therapie stehen drei zentrale Punkte: die Desensibilisierung, die Neuvernetzung des Gehirns und das Dilatator-Training (Dilatatoren sind medizinische Geräte, um Körperöffnungen zu weiten). Um einen maximalen Erfolg zu ermöglichen und bestenfalls am Ende der Therapiezeit schmerzfreien Geschlechtsverkehr zu haben, müssen die Leser*innen verschiedene Übungen absolvieren. Angefangen mit dem Aufschreiben der eigenen Motivation, gefolgt von der Auseinandersetzung mit der weiblichen Anatomie bis hin zur Einführung der Dilatatoren, führt Dr. Julia Reeve mit ihren behutsamen und emphatischen Worten durch ein schwieriges Thema. Obwohl das Buch natürlich keinen persönlichen Kontakt ersetzt, hat man zu keiner Zeit das Gefühl, alleine zu sein – vielmehr nimmt einen die Autorin an die Hand und betont immer wieder, dass man sein eigenes Tempo finden und sich nicht durch andere unter Druck setzen lassen soll. Die Worte werden visuell durch Abbildungen unterstützt und durch Erfahrungen von Patient*innen greifbar gemacht. Nach jedem Kapitel gibt es die Möglichkeit, die eigenen Gedanken zu sortieren und durch freie Notizfelder festzuhalten. Besonders hilfreich ist der Countdown-Kalender, der sich am Ende des Buches befindet und mit dem die Patient*innen genau notieren können, in welchem Stadium sie sich befinden und wie lange es voraussichtlich noch bis zum Ziel dauert.