Seitenwechsel: Kicken um jeden Preis

Und so standen gleich mehrere Spieler auf dem Platz, die vor wenigen Tagen noch über starke Erkältungssymptome und Kurzatmigkeit geklagt hatten. Für Sportmediziner herrscht über die Gefahren der Corona-Infektion ein falsches Verständnis: „Wenn ein Sportler einen Muskelfaserriss hat, sagen alle, jetzt dauert es aber mehrere Wochen. Wenn jemand Corona hat, soll er am Samstag darauf wieder auf dem Spielfeld stehen“, so der Sportkardiologe Prof. Dr. Halle. Natürlich sind Hochleistungssportler im Profibereich einem höheren Risiko ausgesetzt, aber auch im Amateurbereich kommen die Spieler (je nach Spielweise) an ihre körperliche Leistungsgrenze. Dafür jedoch unterziehen sich die Profisportler routinemäßig nach der Infektion einer Reihe von Untersuchungen. Von EGK und Blutabnahme, über Lungentests bis hin zum Herzmuskelultraschall empfehlen Experten einen umfangreichen Check-Up auch für Hobbysportler, sowie eine Pause von mindestens 14 Tagen nach der Infektion. Bei einem Mainzer Spieler wurde bei solchen Tests eine Herzmuskelentzündung festgestellt, dies war vorher schon Sportlern verschiedenster Mannschaften und Sportarten so ergangen, mit teils monatelangen Ausfallzeiten.

Kommerz statt Gesundheit

Warum aber werden diese Empfehlungen missachtet? Zum einen, weil zunächst wenig über Langzeitfolgen bekannt war, zum anderen weil bei den Entscheidungsträgern die Gesundheit der Spieler nur eine sekundäre Rolle spielt. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wurde wieder einmal deutlich, dass dem fortlaufenden Spielbetrieb und immer höheren TV-Einnahmen alles andere untergeordnet wird. Bei der Handball-EM Anfang des Jahres waren teilweise nur noch 6 deutsche Spieler übrig, nach einem negativen Test standen sie direkt wieder auf der Platte, nur um nach wenige Minuten völlig entkräftet ausgewechselt zu werden. In der Fußballbundesliga können Vereine bei zu vielen Corona-Infektionen eine Spielverlegung beantragen, dafür müssen allerdings weniger als 16 nicht-infizierte Spieler zur Verfügung stehen. Ob unter diesen 16 Spielern Verletzte sind spielt keine Rolle. Und auch eine Pause nach der Infektion wird nicht geduldet. Mit einem negativen Test gilt der Spieler als einsatzfähig. Laut DFL-Ordnung müssen abgesagte Spiele spätestens am darauffolgenden Dienstag oder Mittwoch nachgeholt werden müssen. Diese Regelungen sorgen nicht nur für einen unfairen Wettbewerb und eine Gefährdung für die Gesundheit der Sportler, sondern verdeutlichen einmal mehr die Kommerzialisierung des Profisports. Hauptsache die Saison wird zu Ende gespielt und die finanziellen Einnahmen werden nicht unterbrochen.

Genau wie der FSV Mainz 05, verlor übrigens auch meine Mannschaft das Corona-Nachholspiel, bei der die fehlende Fitness mit Sicherheit ihren Anteil hatte. Gelohnt hat sich das Risiko körperliche Langezeitfolgen einzugehen also keineswegs.

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Bildquelle: Thirdman auf Pexels.com