Frau fährt Auto

Alltagssexismus: Edition Autobahn

Aber okay, endlich Pause. Wir sind erleichtert, den Idioten los zu sein. Die Sonne scheint, eine leichte Brise weht. Ich ziehe den Pulli aus und lasse die Sonnenstrahlen meine nackten Arme wärmen. Ich packe mein Essen aus und entspanne. Für genau dreieinhalb Sekunden, bis der erste LKW-Fahrer hupt, als er an mir vorbeifährt. Bis ich mein mitgebrachtes Müsli aufgegessen habe, waren es mehr hupende LKW-Fahrer, als ich hätte zählen können. Wie dumm von mir, mich in einem Spaghetti-Top an die Raststätte zu sitzen. Das hätte ich ja bedenken können, dass ich damit eine gefährliche Ablenkung der LKW-Fahrer darstelle. Wie unverantwortlich von mir. Ehrlich gesagt, habe ich nur das erste Hupen richtig gehört, danach habe ich es einfach ausgeblendet. Es ist einfach Alltag und auch nichts Dramatisches, deshalb ignoriere ich es einfach. Wo ich das gerade so schreibe, bin ich schockiert, wie normal das alles für mich ist. Und wie oft mir diese „Kleinigkeiten“ entgehen. Viele dieser Dinge fallen mir erst auf, wenn ich anderen davon erzähle. Und wenn ich dann zurückblicke, sehe ich alle diese kleinen Momente, die für mich und andere Frauen Alltag sind und wie normal dieses Verhalten ist. Die dahinterliegende Überzeugung ist gruselig: Junge Frauen sind hübsche Deko, wie Ausstellungsstücke im Museum. Als Mensch werde ich da nicht betrachtet.

Auch wenn alle diese Erfahrungen nicht tragisch sind, so tragen sie dazu bei, dass Frauen sich in ihrem Alltag unsicher fühlen. Sie tragen Pfefferspray mit sich, analysieren Fluchtwege und das Verhalten anderer in seltsamen Situationen genau. Es wäre so schön, wenn wir unbedarft und ohne Vorurteile durch diese Welt gehen könnten. Aber das wäre ziemlich naiv und dumm. Der Glaube ans Gute kann uns sehr teuer zu stehen kommen.

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Bildquelle: Cory Bouthillette on Unsplash; CCO-Lizenz