„Theater ist wilder, extremer und dreckiger“ – Schauspielerin Jane Chirwa im Interview

Die 29-Jährige Berlinerin Jane Chirwa kennen wir als junge Ärztin in der Serie „In aller Freundschaft – die jungen Ärzte“. Jetzt hat sie ihren Doktorkittel allerdings gegen eine knallharte Polizei-Marke getauscht: In der ZDF-Serie „Blutige Anfänger“ kämpfen Jane und ihre Kommilitonen von der Polizeifachhochschule um die heiß begehrten Praxisplätze in der Mordkommission. Als sie und drei Freunde im Kino per Zufall einen Mord miterleben, ermitteln sie auf eigene Faust und hoffen, so ihr Ticket für den Polizeiposten zu ergattern. Sie machen auch vor den eigenen Reihen keinen Halt mit Verdächtigungen und Anschuldigungen und müssen schnell lernen, in jeder Situation einen kühlen Kopf zu bewahren. Uns hat Jane verraten, ob ihr nun Kommissarin oder Ärztin lieber ist, was sie unbedingt noch lernen will und wie sie sich für das Herkunftsland ihres Papas Sambia einsetzen möchte.

ZEITjUNG: Deine neue ZDF-Serie heißt „blutige Anfänger“. Wann hast du dich zum letzten Mal wie ein blutiger Anfänger gefühlt?
Jane Chirwa: Das Gefühl habe ich eigentlich ganz oft. Aber ich entscheide mich auch bewusst dazu. Ich will jedes Mal so frisch wie’s nur geht, an Dinge herantreten. Im Alltag gibt es so viele neue Situationen, neue Menschen und es gibt so viel Neues, das ich ausprobieren möchte. Da gehört Anfänger sein halt einfach dazu.

Was hast du kürzlich erst neu gelernt?
Bouldern, Klavier spielen und ich versuche mich gerade darin, immer neue Wege im Leben zu gehen. Nicht immer alles auf die gewohnte Art und Weise zu machen.

Wo kannst du dafür sagen: Hey, das kann ich und zwar schon lange?
Auf meine Intuition hören. Seit einiger Zeit kann ich der echt gut vertrauen.

Gibt es etwas, das du unbedingt noch lernen möchtest?
Ich habe richtig Bock Schlagzeug zu lernen. Und ich rappe ziemlich häufig und ziemlich schlecht Rap-Songs nach. Das wäre auch was, das ich gerne noch wirklich gut können möchte.

Welchen Rap magst du grad besonders?
Im Lied „Ultralight Beam“ von Kanye West gibt’s ein Part von Chance The Rapper. Der Teil ist richtig nice, der Rest geht so…

Ist Rap deine liebste Musikrichtung?
Ich höre eigentlich alles. Das ist total von meiner Stimmung abhängig. Wenn ich mich konzentrieren muss, höre ich Klaviermusik, wenn ich Sport mache oder die Steuererklärung gibt’s eine Beast Mode Playlist auf die Ohren. Singer- und Songwriter und Folklore Sachen höre ich aber auch sehr gerne.

Du wechselst jetzt den Doktorkittel gegen die Polizei-Marke. Was ist dir lieber? Ärztin oder Kommissarin?
Oh, das ist schwer. Die Ärztin habe ich jetzt vier Jahre lang gespielt, da ist die Kommissarin schon eine willkommene Abwechslung. Wieder eine neue, spannende Herausforderung. Ich glaube ich würde immer das neue und frische vorziehen.

War eine der beiden Rollen leichter zu spielen?
Bei der Ärztin konnte ich viel aus mir selber holen, das hat natürlich vieles einfacher gemacht. Gleichzeitig durfte ich nicht vergessen, dass ich gerade jemanden spiele. Und die Kommissarin war sicher schwieriger, weil ich ihr nicht so ähnlich bin, wie der Ärztin. Ich wollte und musste für sie eine andere Sprache finden, einen anderen Gang und eine ganz andere Kraft. Ich überlegte immer: Wie würde die Figur jetzt gerade reagieren? Sie ist eine knallharte Kommissarin.

Was fasziniert dich am meisten an ihr?
Wie sie einfach ihr Ding durchzieht und sich nicht abhängig machen lässt. Sie hat Mut, einen großen Durchhaltewillen und Kraft. Ihre Kraft finde ich sehr beeindruckend.

Kommissarin, Ärztin… Was wäre denn dein alternativer Beruf zur Schauspielerei gewesen?
Sicher etwas im sozialen Bereich. Ich lege of mehr Wert auf die persönliche Ebene, als auf den Erfolg. Aber am liebsten schon in Kombination mit Schreiben, Tanzen oder Theater. Vielleicht Theaterpädagogin. Jedenfalls etwas mit Ausdruck und Austausch.

Wie sieht denn jetzt der Austausch mit deinem Publikum aus?
Auf Social Media bekommt man natürlich immer schnell und viel Feedback. Die schönste Geschichte, die mir mal eine junge Frau erzählt hat: Sie hätte eine schwere Kindheit gehabt und alle meinten, sie würde sicherlich niemals ein Medizin-Studium absolvieren können, bzw. schaffen. Als sie mich dann aber im TV als die junge Ärztin gesehen hat, bekam die Figur eine Vorbild-Funktion und hat ihr Hoffnung gegeben. Dieses Jahr hat sie mit dem Medizin-Studium angefangen.

Hast du denn selber Vorbilder in der Schauspielerei?
Die Liste ist natürlich endlos. Es sind aber immer die Menschen, die extrem ehrlich, pur, radikal und resolut sind. Das ist ein Zustand, an den ich immer wieder ran will und den ich immer suche in meiner Arbeit.

Du warst für „Charlie’s Angels“ schon mit Kristen Stewart vor der Kamera. Wie war das für dich?
Die hat das zum Beispiel total, dieses Extreme. Sie ist wach, da, direkt und spielt mit so viel Leichtigkeit, Freiheit und Spaß. Die ist genial, die Frau.

Was konntest du lernen in dieser Zeit?
Es war oft sehr spannend, wie sich die SchauspielerInnen am Set und zwischen den Takes verhalten. Einige meditieren, andere quatschen, um sich wach zu halten, nehmen sich wahnsinnig viel Raum für ihre Kreativität, andere sind extrem aufgeregt, ziehen sich eher zurück und ziehen die Kraft daraus. Es war interessant, all die unterschiedlichen DarstellerInnen während der Arbeit zu beobachten.

Welcher Typ bist du?
Ich probiere immer, darauf zu achten, was ich gerade brauche für die nächste Szene. Momentan mache ich das hauptsächlich mit Musik. Ich suche mir Songs raus, die mich emotional dahin bringen, wo die Szene auch spielt.

Du willst dich für Sambia einsetzen. Wie wirst du das angehen?
Ich gehe jetzt bald für einige Zeit erst nach Nigeria, dann nach Sambia. Ich will dort in ein Kinderheim fahren und erleben und sehen, was es für Auswirkungen hat, wenn so viele Grundbedürfnisse einfach nicht gedeckt werden können. Ich möchte helfen, den Kindern ein Dach über dem Kopf und Zugang zu Bildung zu schaffen.

Da käme also wieder das Soziale ins Spiel?
Genau. Und vielleicht ergibt sich ja sogar die Möglichkeit ein Theaterstück mit den Kids einzustudieren. Vielleicht auch nicht, aber ich würde gerne eine kreative Basis schaffen und schauen, wie viel Potential, Kraft und Ausdruck da sein könnte. Ich freue mich total.

Was sind abgesehen davon deine nächsten Projekte?
Ich werde als Jurymitglied am Max Ophüls Festival sein, darauf freue ich mich auch enorm. Weiter werde ich an einem Filmprojekt arbeiten, das afro-deutsche Perspektiven – und vor allem Frauen – zeigen wird, aus einer deutsch-geschichtlichen Perspektive, die es so vorher noch gar nicht gab. Und ansonsten stehen weitere Dreh- und Theaterarbeiten an.

Was magst du denn lieber, Film oder Theater?
Ich habe in letzter Zeit viel gedreht und sehne mich nach dem Theater. Aber eigentlich macht es einfach die gute Mischung. Das Theater ist viel direkter und hat eine ganz andere Energie. Da benutzt du deinen Körper ganz anders, du musst viel mehr senden, und kriegst auch viel mehr zurück. Es ist wilder, extremer und dreckiger. Man darf richtig übertreiben, das ist so befreiend.

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Bildquelle: ZDF/ Conny Klein