Tom Odell über die Monster in seinem Leben und seiner Musik
ZEITjUNG: Was hat dir mit deinen psychischen Problemen denn geholfen, hast du bestimmte Ratschläge für Betroffene? Vielleicht auch etwas, das hilft, um sich weniger einsam zu fühlen?
Tom Odell: Bedauerlicherweise nein [lacht] – das ist das Traurigste daran. Viele Dinge, über die man wahrscheinlich anfangen würde zu reden, würden sich klischeehaft anfühlen. Es geht letztlich um Gemeinschaft, darum, Zeit miteinander zu verbringen und gut zu sich selbst zu sein und sich und anderen Menschen nicht im Weg zu stehen. Ehrlich gesagt, klingt es, als wäre ich belehrend; viele dieser Eigenschaften besitze ich selbst nicht. Meiner Meinung nach wird zu viel Wert auf Macht, Geld und materiellen Reichtum gelegt. Man wird für diese Dinge in unserer Welt zu viel belohnt, doch am Ende ist das alles nur oberflächlich. Sie halten nicht das, was sie versprechen und können uns daher niemals erfüllen. Ich werde jetzt nicht anfangen über spirituelle Erleuchtung zu reden [lacht].
ZEITjUNG: Ich verstehe, was du meinst! Geld und Erfolg bringen einem eben nicht zwangsläufig Glück. Was würdest du sagen, macht dich glücklich?
Tom Odell: Für mich ist es die Natur und die Gemeinschaft, mit den Menschen zu sein, die ich liebe und die mir wichtig sind. Und auch Kunst machen zu können. Wenn ich all diese Dinge tun kann, dann bin ich glücklich. Das ist es, was ich jeden Tag versuche so gut es geht zu erreichen. Ein großer Teil meiner Zeit besteht leider auch darin, zu versuchen ruhig zu bleiben und Dinge zu tun, die mich beruhigen. Ich würde gerne mehr Menschen helfen, mehr Zeit damit verbringen Menschen zu helfen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch in diesem Spiel bin, Platten verkaufen und über Musik reden zu können. Das Problem für mich ist, dass ich es liebe, Musik zu machen, aber alles weitere finde ich nicht so erfüllend und letztlich empfinde ich es als Mitwirken am Kapitalismus, in dessen Fängen wir uns alle befinden. Ich bin unglaublich dankbar und es ist wichtig für mich, das zu betonen. Ich bin auch unglaublich dankbar dafür, dass die Leute meine Arbeit verfolgen und zu meinen Konzerten kommen, dadurch kann ich weiter Kunst machen und dafür bin ich sehr dankbar.
ZEITjUNG: Dein neues Album heißt „Monsters“ und der gleichnamige Song erscheint darauf in zwei Versionen, was ist der Grund dafür?
Tom Odell: Es ist ein Lied über Angst und es war in den Wochen kurz vor der Veröffentlichung, dass sich meine Angst sich ziemlich stark bemerkbar gemacht hat. Ich konnte mich nicht für eine Version entscheiden. Also habe ich am Ende beschlossen, zwei Versionen herauszubringen. Ich wollte die akustische Version vor allem deshalb veröffentlichen, weil es für mich ein sehr sensibles Thema darstellt und ich wollte, dass die Leute beim ersten Hören vor allem auf die Worte achten, anstatt auf die Produktion selbst. Aber wahrscheinlich war es meine eigene Paranoia, mein Wahnsinn, der das bewirkt hat, denn ich glaube, es war ein bisschen verrückt und die Leute waren tatsächlich ein bisschen verwirrt [lacht].
ZEITjUNG: Vielen Dank für deine Zeit und das Interview!
Weitere Artikel, die dich interessieren könnten, findest du hier:
- Von Wegen Lisbeth: Musik in der Pandemie und Podcasts
- Swiss im Interview: „Linksradikaler Schlager“
- Alan Walker über Ruhm in jungen Jahren
Folge ZEITjUNG auf Facebook, Twitter und Instagram!
Bildquelle: Netti Hurley über Sony Music Entertainment