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Wie es ist, als trans* Mensch in Deutschland zu leben

ZEITjUNG.de: Nach der Definition der Weltgesundheits-Organisation (WHO) leiden trans* Personen an einer „Störung der Geschlechtsidentität“. Was sagst du zu dieser Pathologisierung?

Quentin: Wenn ich an etwas leide, dann daran, dass die Festlegung des Geschlechts nach einer Faustregel stattfindet, die nach unserem heutigen Verständnis, wie sich Geschlecht manifestiert, Fehler produzieren muss. Ich weiß persönlich sehr genau, wer ich bin und habe kein Problem damit. Das Problem bekomme ich erst im Umgang mit Menschen, die das nicht verstehen. Ich habe keine psychische Störung, auch wenn ich mir ein Attest darüber holen musste, um Zugang zu den mir wichtigen Leistungen zu bekommen.

Was sind die größten Hürden, mit denen du als trans* Mensch in unserer Gesellschaft zu kämpfen hast?

In unserer Gesellschaft ist der Hass gegen trans* Personen sehr verbreitet. Die Vorstellung, dass es nur zwei Geschlechter, nämlich Mann und Frau gibt, die durch das Vorhandensein von Penis respektive Vulva definiert sind, ist eine europäische, die durch Kolonialismus über die Welt verbreitet wurde. Diese Kategorisierung scheint für viele Menschen die einzig mögliche Wahrheit zu sein, denn sie vereinfacht ein komplexes Phänomen. Jede Vereinfachung produziert aber eben auch Fälle, in denen Dinge nicht funktionieren.

Trans* Menschen stehen vor dem ständigen Problem, sich und ihre Abweichung zu den Kategorien „Mann“ und „Frau“ erklären zu müssen. Dass das wahre Problem bei der strikten Kategorisierung liegt und nicht bei den einzelnen Personen, scheint dabei oft nicht klar. Der Hass auf trans* Menschen macht ein Existieren in der Gesellschaft nicht einfach. Das fängt schon bei der Frage der Toiletten-Wahl an und hört auch in alltäglichen Gesprächen nicht auf.