Der Umgang mit dem Tod
Wir sterben alle irgendwann. Trotzdem ist in Deutschland der Tod ein Tabuthema. Niemand redet offen darüber und wenn es dann so weit ist, dass eine Bezugsperson aus unserem Leben gerissen zu werden droht, verschließen sich die meisten vor dieser Tatsache. Viele Erwachsene haben noch nie eine Leiche gesehen und der Tod gehört schlichtweg nicht mehr zu unserem Alltag.
Das war früher noch etwas anderes. Damals war der Tod allgegenwärtig. Infektionen durch schlechte Hygiene, Kriege und Hunger waren die häufigsten Todesursachen. Der Tod war ein soziales Ereignis, an dem nicht nur die engste Familie, sondern auch Freund:innen und Bekannte teilnahmen. Man starb zu Hause im Kreise seiner Liebsten.
Jeder verstorbene Mensch war eine Erinnerung an die eigene Vergänglichkeit und die Vorbereitung auf den Tod ein fester Bestandteil des Lebens. Gläubige glaubten an den Beginn einer Reise. Niemand wollte unvorbereitet sterben. Denn ein schneller Tod war ein schlechter Tod.
Heutzutage ist genau das Gegenteil der Fall. Die Menschen wünschen sich sogar ein schnelles, plötzliches Ableben und fast niemand glaubt mehr an den Beginn einer Reise. So sterben allerdings nur fünf Prozent der Menschen. Durch unser Gesundheitssystem und die neuen Technologien ist der Tod kein natürlicher Vorgang mehr, sondern ein medizinisches Versagen, das es zu vermeiden gilt.
Durch die hohe Lebenserwartung der Menschen ist Sterben ein langer und einsamer Prozess geworden. Die Menschen wollen zu Hause ihren letzten Atemzug tun. Trotzdem sterben die meisten im Heim oder im Krankenhaus. Wir sterben nicht mehr so, wie wir es uns vorstellen – weshalb auch niemand mehr darüber redet.
In Deutschland ist der Tod etwas Trauriges. Etwas Endgültiges, das es zu vermeiden gilt, solange es möglich ist. Der Umgang mit, das Gespräch über und die Vorbereitung auf den unausweichlichen Fakt, dass wir alle irgendwann sterben, sind in unserer Gesellschaft zu sehr heiklen Themen geworden.
In anderen Kulturen sieht das etwas anders aus – in Mexiko zum Beispiel. Hier wird das Trauern um Verstorbene als respektlos angesehen. Der Tod ist nicht das Ende, sondern nur ein neuer Abschnitt auf der Reise der Menschen. Aus diesem Grund wird in Mexiko über mehrere Tage der Día de los Muertos gefeiert. Er ist einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage und wird wochenlang vorbereitet.
Der Ursprung des Tages liegt bei den Azteken, Tolteken und Nahua. Er verbindet jahrhundertealtes Brauchtum mit dem Katholizismus. Der katholische Glaube kam mit den spanischen Kolonialisten nach Mexiko und veränderte dort die Tradition.
An diesem Feiertag gedenkt man mit Freude und mit vielen bunten Farben den Verstorbenen. Der Glaube besteht darin, dass die Toten einmal im Jahr, am Día de los Muertos, von ihrem ewigen Schlaf erwachen und ihre Hinterbliebenen besuchen. Auch wenn nicht alle Mexikaner:innen daran glauben, ist der Tag ein beliebtes Familienfest und bietet Gelegenheit, den Verstorbenen zu gedenken.
Es werden die Lieblingsspeisen der Toten gegessen oder zu ihrer Lieblingsmusik getanzt. Die Gräber werden geputzt und mit den sogenannten Blumen des Todes, den Flores de los Muertos, verschönert.
Skelette und Totenköpfe in bunten Farben in Form von Aufstellern, Puppen oder Süßigkeiten sollen die Verstorbenen im Reich der Lebenden willkommen heißen und dazu beitragen, dass sie sich dort wohlfühlen. Viele Mexikaner:innen verkleiden oder schminken sich auch wie Totenköpfe.
Es werden sogenannte Ofrendas, also Altare, zu Hause oder auf dem Friedhof aufgebaut. Hier geht es nicht darum, die Verstorbenen anzubeten. Stattdessen wird ein Ort kreiert, um sie willkommen zu heißen.
Der Umgang mit dem Tod und der Trauer ist also sehr verschieden. Hier gibt es kein Richtig und kein Falsch. Trotzdem ist es interessant zu sehen, wie vielfältig die Möglichkeiten sind, mit dem Tod umzugehen.
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Bildquelle: Saloua Ibaline von pexels, CC0-Lizenz