Warum wir selbst die gefährlichsten Tiere streicheln wollen

Warum wir das in manchen Fällen besser lassen sollten

Andere Tiere zu streicheln und sich mit ihnen anzufreunden, scheint also ein menschlicher Reflex zu sein, der sich durch einen großen Teil unserer Evolutionsgeschichte zieht. Aber ist das evolutionär betrachtet nicht kontraproduktiv, wenn dieser Reflex selbst für Tiere gilt, gegen die wir uns nicht einmal wehren können, wenn sie uns töten wollten?

In der Tat ist es das! Daher ist es auch wichtig, sich anzuschauen, in welchem Kontext wir solche Gedanken entwickeln. Wenn wir es tatsächlich für eine gute Idee halten, auf einen Bären zuzugehen und ihn zu streicheln, dann sind wir höchstwahrscheinlich nicht allein oder in einer kleinen Gruppe im Wald campen, während ein 200 kg schwerer Braunbär unser Lager inspiziert. Viel wahrscheinlicher ist es, dass wir zuhause vor einem Monitor sitzen und ein süßes Bärenvideo gucken oder einen im Zoo aus der Ferne bestaunen. Beide Szenarien haben dieselbe Tücke: Wir können uns kein zuverlässiges Bild davon machen, wie groß und stark diese Tiere wirklich sein können. Das sorgt dafür, dass wir das Risiko einer solchen Haut-an-Fell-Begegnung oft völlig falsch einschätzen.

Die Schattenseiten dieser„Tierliebe“

Tiere sind weder dumme, empathielose Killermaschinen noch Plüschtiere, die unserem Kuschelwahn nachgeben müssen: Sie sind komplexe Geschöpfe mit individueller Persönlichkeit. Gut möglich, dass du es schaffst, ein Riesenkätzchen zu kraulen, ohne einen Arm zu verlieren. Das Risiko ist aber für das, was du in diesem Moment eigentlich machen willst, viel zu groß – nicht nur für dich, sondern auch für das Tier. Denn das Erfolgsrezept von Orten, an denen du Wildtiere wie Tiger und Löwen wie eine übergroße Hauskatze streicheln kannst, lautet in der Regel Tierquälerei.

Wir halten also fest: Große und gefährliche Tiere süß finden? Kein Problem! Sie so süß finden, dass man sie in einer perfekten Welt am liebsten ganz fest knuddeln und nie wieder loslassen wollen würde? Auch das geht voll in Ordnung! Nicht einsehen wollen, dass wir eben in keiner perfekten Welt leben und manche Tiere daher nur aus der Distanz bewundert werden sollten? Ab da haben wir ein Problem.

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Bildquelle: Kamil Zubrzycki via Pexels, CC0-Lizenz