Ein Mann blickt auf sein Dorf. Bild: Jip film & verleih

Wem gehört mein Dorf? – Geld gegen Heimatliebe

Das Ostseebad Göhren. Eine kleine Gemeinde auf Rügen. Auf den Wiesen im Umland grasen die Schafe, am Südstrand laufen leichte Wellen über den Sand, es könnte idyllischer nicht sein. Eigentlich. Denn der Regisseur Christoph Eder zeigt in seinem 96-minütigen Dokumentarfilm „Wem gehört mein Dorf?“ den Kampf einer noch jungen Bürgerinitiative gegen Großinvestoren, Betonbauten und Vetternwirtschaft, die drohen, aus dem ach so beschaulichen Göhren einen Schatten seiner selbst zu machen.

Christoph Eder ist für die Dreharbeiten in sein altes Heimatdorf Göhren auf Rügen zurückgekehrt und gewährt den Zuschauer*innen einen Einblick hinter die Kulissen der Lokalpolitik und der wirtschaftlichen Gegebenheiten des beliebten Ferienortes, durch welche selbst die Anwohner nur mit Mühe und Not hindurchsehen. Denn die Politik ist festgefahren. Seit Jahren besteht ein Interessenskonflikt zwischen dem lieben Geld auf der einen und dem Umweltschutz auf der anderen Seite. Wobei das Geld insbesondere durch den Großinvestor Herrn Horst (ja, der heißt tatsächlich so), sowie seine vier Fürsprecher im Gemeinderat vertreten wird. Ihnen gegenüber steht eine Bürgerinitiative, welche sich für den Naturschutz, sowie die Erhaltung der Geschichte Göhrens einsetzt, finanziell jedoch kaum etwas entgegenzusetzen hat. Die Problematik gipfelt schließlich im Rücktritt des amtierenden Bürgermeisters und einem hieraus resultierenden Wahlkampfes zwischen den beiden Lagern.

Der Dokumentarfilm begleitet die Entwicklungen in der Gemeinde über zwei Jahre hinweg und skizziert hierbei auf eindrucksvolle Weise, wie viel Herzblut und Kraft Menschen aufbringen können, wenn es um die Erhaltung ihres Lebensraumes geht.

Zugegeben, ich war zunächst skeptisch. Ein Film über ein Ostseebad und Lokalpolitik? Wie spannend konnte das schon sein? Und so startete ich den Film ohne eine sonderlich große Erwartungshaltung. Im Zweifel würde ich eben etwas über Fischerei und Tourismus erfahren. Aber weit gefehlt. Die nächsten 1,5 Stunden klebten mein Freund und ich am Bildschirm. Fieberten mit, regten uns auf, entwickelten Lösungen und überlegten am Ende sogar neben unseren derzeitigen Jobs, selbst in die Lokalpolitik zu wechseln.

Denn, der Film trifft den Nerv der Zeit.

Das kann einerseits natürlich auch daran liegen, dass ich selbst erfahren habe, was es bedeutet, wenn das Interesse und Wohlbefinden der Anwohner hinter den Profit gestellt wird. Hier in NRW, am Tagebau Hambach, erging es vielen Bürger*innen nicht anders. Gleichzeitig ist das Problem, welches in „Wem gehört mein Dorf?“ angesprochen wird, jedoch auch ein globales. Was passiert, wenn der Kapitalismus das eigene Dorf trifft? Wenn der Bauwahn ausbricht und aus Bürger*innen plötzlich Störfaktoren werden? Was, wenn Umweltschutz zu Gunsten von Profit hinten angestellt wird?