Nonne mit Zigarette

Eine Idee Liebe: Der Madonna-Hure-Komplex

Doch machen wir uns nichts vor, es besteht trotz all dieser Erklärungsversuche auch einfach die Möglichkeit, dass der Mann aufgrund seiner Sozialisation Frauen in verschiedene Kategorien einteilt. Klar, das ist nicht nur frauenfeindlich und sexistisch, sondern eben auch einfach richtig beschissen. Und das tatsächlich nicht nur für die Frau, denn auch Männer leiden unter einer solchen Sozialisierung. Nur merken sie diese oft nicht so direkt wie eben die potenzielle Partnerin.

Das Perfide an dieser Sozialisation ist, dass sie uns alle betrifft. Frauen werden dazu erzogen, ihre eigene Sexualität als etwas Schützenswertes zu betrachten. Sätze wie: „Kein Sex vor dem dritten Date!“ oder „Schreib ihm niemals zuerst!“ haben viele von uns während unserer Pubertät begleitet. Auch in der Pop-Kultur geht es immer wieder um dieses Phänomen. Frauen sollen sich rarmachen, Männer sollen jagen. Reagierst du als Frau zu schnell, dann bist du „billig“. Reagierst du zu langsam, dann bist du „prüde“. Hatte eine Frau zu viele Sexualpartner, argumentieren Männer damit, dass sie sie als Mutter ihrer Kinder nicht mehr respektieren könnten und hatte sie zu wenig Partner, hat sie zu wenig Erfahrung.

Die Krux an der Sache ist, keiner sagt dir, wie viel zu viel ist und wie wenig zu wenig.

Und das ist auch so gewollt.

Was ich damit sagen will: Der Madonna-Hure-Komplex lässt sich nur dann auflösen, wenn uns allen bewusst wird, wie oft wir ihn selbst replizieren und das auch wir diejenigen sind, die ihn aufbrechen können. Der Wert eines Menschen ergibt sich nicht aus der Art und Weise, wie er oder sie sich im Bett verhält und wie viele Partnerschaften man hatte. Die Doppelmoral ist mehr als eindeutig. Denn ehrlich ist diese Form der Kommunikation in keinem Szenario. Frauen begehren, Männer tun es auch. Egal ob sie Single, in Beziehung, Mütter oder Väter sind. Frauen werden durch eine Geburt nicht automatisch zu schillernden, leuchtenden a-sexuellen Wesen, die sich nur noch über ihr Kind definieren und immer 4 cm über dem Boden schweben. Wenn ihr als Mann also feststellt, dass eure Partnerin für euch unattraktiv wird, wenn sie Mutter geworden ist (und ihr damit ja auch Vater), dann ist das vielleicht ein therapiebedürftiges Problem und sehr weit weg vom Normalzustand.

Wir stellen also mal wieder fest: Die patriarchale Sozialisation schadet uns allen und das Erkennen eines Problems ist der erste Schritt in Richtung Besserung.

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Bildquelle: cottonbro von Pexels, CC0-Lizenz