Hassobjekt: die Warteschleife
Jeder kennt sie, jeder hasst sie und doch brauchen wir sie wie die Luft zum Atmen: Nervige Klientele und unnütze Gegenstände des Alltags, über die man sich so richtig schön echauffieren kann – da geht es den ZEITjUNG-Autoren nicht anders. Deshalb lassen wir unserer Wut in der Reihe „Hassobjekt“ einfach freien Lauf und geraten überspitzt in Rage. Eins ist sicher: Nichts ist uns heilig und keiner wird verschont. Dieses Mal auf der Abschussliste: die Warteschleife.
Allein der Klang des Wortes Warteschleife sorgt unweigerlich für dramatisch genervtes Augenrollen und zwar bei jedem, ausnahmslos. Vielleicht weil jeder, der schon mal etliche kostbare Minuten in besagter Warteschleife verschwendet hat, ganz genau weiß, wie nervig die Warterei sein kann. Ich behaupte jetzt mal, es gibt nichts, dass uns so schnell an den Rand unserer Geduld bringen kann. Der Mensch an sich ist schließlich ohnehin kein geduldiges Wesen, das Warten liegt ihm einfach nicht. Vor allem, wenn es absolut umsonst ist.
Völlige Zeitverschwendung
Letzte Woche ist mein Router für den Fernseher kaputtgegangen, was meine gute Laune nicht wirklich beeindrucken konnte. Schaue ich eben auf dem Laptop weiter Neftlix. Ich wusste allerdings, wenn ich will, dass das Ding irgendwann doch mal wieder läuft, muss ich wohl oder übel bei der Telefongesellschaft anrufen und lande mit unumgänglicher Sicherheit, genau, in der Warteschleife. Horrorvorstellung.
Bitte haben Sie Geduld, Wir sind gleich für Sie da!
Geduld ist bei mir leider Fehlanzeige, ich habe schon als Kind eher zur quengeligen Sorte gezählt. 30 Sekunden in der Schleife reichen aus, damit mein Geduldsfaden aufs maximal Mögliche angespannt ist. Ein oder zwei „Bitte haben Sie Geduld, wir sind sofort für Sie da“ später reißt er dann auch schon. Erstens habe ich keine Geduld und zweitens ist das gelogen. Immer wird einem versprochen, dass die Wartezeit nicht lange dauert. Aber nach weiteren 100 Ansagen und dem fünften Durchlauf des Background-Songs, der grundsätzlich immer schlecht ist, passiert – nichts. Niemand nimmt ab, ich muss immer noch warten und mir sind die Hände gebunden. Ich kann ja schlecht aufstehen und mir zwischendurch einen Kaffee machen oder kurz aufs Klo gehen. Sicher würde ausgerechnet genau dann jemand abnehmen, wenn ich gerade genüsslich meine Milch für den Cappuccino aufschäume.
Beethoven, Mozart und Co.
Aber da muss ich jetzt durch. Mit dem Hörer in der Hand frage ich mich, warum die Warteschleifenmusik immer so katastrophal schlecht ist. Wie bitte sollen die sanften Klänge von Mozart oder Beethoven meine Wartezeit versüßen? Mag schon sein, dass diese Art von Musik auf manche Menschen entspannend wirkt. Bei mir bewirkt sie allerdings eher das Gegenteil, anstatt mich zu entspannen macht sie mich nur noch verrückter. Ich versuche also, mich mit irgendetwas abzulenken, und wenn es die Drehfunktion meines Bürostuhls ist, was by the way eine der besten Erfindungen überhaupt ist. Wann habe ich eigentlich das letzte Mal meine Stifte sortiert? Als nach einer gefühlten Ewigkeit endlich jemand abnimmt, katapultiert es mich vor Schreck fast aus meinem Schreibtischstuhl und ich schmeiße ungeschickt die Stiftebox auf den Boden. Ups. Ich hatte nicht erwartet, dass heute noch jemand rangeht.
Warte-Frust vorprogrammiert
Die arme unschuldige Person am anderen Ende der Leitung bekommt erstmal meine ganze angestaute Ladung Frust ab, die sich mit jeder Wartesekunde mehr angesammelt hat. Einmal so richtig in Rage geärgert, fällt es mir schwer, wieder in den emotionalen Ausgangszustand zurückzukommen. Im Nachhinein tut mir die Person am Hörer schrecklich leid, sie macht ja auch nur ihren Job und hat mich sicher nicht mit Absicht so lange warten lassen. Aber es musste einfach raus. Ich hoffe, wer so einen Job macht, wird entsprechend auf die Aggressionen der Anrufer vorbereitet.
Völlig eingeschüchtert fragt mich eine leise Stimme am anderen Ende des Telefons, was sie denn für mich tun kann. Ja was eigentlich? Vor lauter Ärgerei habe ich ganz vergessen, was ich eigentlich sagen wollte. Warum habe ich nochmal angerufen? Ach ja, der Router. Während ich mein Technik-Problemchen erkläre, beruhige ich mich wieder. Mir rutscht sogar eine kleine Entschuldigung für mein Verhalten raus. Jetzt, wo das zähe Warten ein Ende hat, bin ich wieder versöhnlich gestimmt. Mein Telefonpartner sagt, er kann mir nicht helfen, aber verbindet mich gern weiter. Danke, aber nein! Nein, nein, nein! Meine Entschuldigung nehme ich zurück und lege auf. Nochmal tue ich mir das heute ganz bestimmt nicht an, bleibt der blöde Router eben für immer und ewig kaputt. Die Warteschleife kann mich mal.
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Bildquelle: Pexels unter CC0 Lizenz