Frau und Mann nachts im Auto

LiebesLeben: Verliebt für eine Nacht

Wenn ich weiß, dass ich wahrscheinlich nur eine Nacht – oder zumindest nur eine kurze Zeit – mit jemandem habe, dann nutze ich die Zeit intensiver, weil ich weiß, dass sie bald endet. Und wenn mich jemand wirklich flasht, dann fühlt es sich an, als würde ich mit dieser Person so etwas wie eine Beziehung im Schnelldurchlauf durchleben.

Man stößt zwar nicht mit Champagner auf die Zukunft an, aber dafür mit Tequila auf die Nacht. Es gibt zwar keinen Hochzeitstanz, aber man schwingt gemeinsam die Hüften zu alten Songs aus den 90ern. Man ist zwar kein Team für den Rest seines Lebens, aber dafür beim Bierpong. Man bekommt zwar keinen Verlobungsring, aber dafür ein zu großes Shirt zum Schlafen. Es gibt zwar keine Hochzeitsnacht mit Sex, der technisch perfekt ist, weil man sich in- und auswendig kennt, aber dafür Sex, der den Reiz des Unbekannten in sich trägt und nach dem man sich müde und glücklich aneinander kuschelt.

Eigentlich muss noch nicht einmal Sex im Spiel sein. Klar, er macht den Hormonrausch vielleicht intensiver – aber manchmal ist weniger auch mehr. Manchmal genügt ein Kuss, um eine Schwärmerei für die Nacht auszulösen. Es geht um das, was man währenddessen empfindet.

Und weil man weiß, dass die Zeit knapp ist, wird man mutiger, ehrlicher, schneller mit Gefühlsbekundungen. Wie ernst diese im Nachhinein – also am nächsten Morgen und nüchtern – gemeint sind, ist im Grunde genommen völlig egal. Denn zumindest für den Moment waren die Worte wahr. Der Augenblick ist das, was zählt. Es ist möglich, sich für eine Nacht zu verlieben – eine eigene kleine Unendlichkeit. Und auch wenn wir am nächsten Morgen (oder eher Mittag) aufwachen, unser Zeug zusammensuchen und die Person nie wieder sehen: Irgendwas von dieser Nacht bleibt bei uns. Auch wenn wir gehen.  

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Bildquelle: cottonbro on Pexels; CCO-Lizenz

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