Mann und Frau liegen kuschelnd im Bett

Coming home: Nach einer langen Reise zurück zu Hause

Außerdem muss man das erledigen, was aufgrund der Reise liegengeblieben ist. Bestimmte Besorgungen wie einen neuen Laptop oder neue (oder Second Hand) Winterklamotten zum Beispiel. Dinge, für die man keine Zeit hatte oder die unterwegs keine Rolle gespielt haben.

Wenn das abgehakt ist, ist man im dritten und letzten Stadium angelangt, denn schon kurz darauf beginnt die Zeit, in der die Erledigungen, um die man sich kümmern muss, überhaupt nichts mehr mit der Reise zu tun haben. Sie haben nicht einmal mehr einen Bezug dazu, sondern sind wieder vollkommen alltäglich. Einkaufen gehen, Aufräumen, Putzen, die immer gleichen Leute treffen. Die Routinen kehren zurück.

Und genau das meine ich: Es fühlt sich an, als hätte sich nichts verändert. Obwohl man doch so unbedingt wollte, dass sich etwas verändert. Oder dass man selbst sich verändert.

Bin ich noch derselbe Mensch?

Ans Reisen sind viele Erwartungen geknüpft. Innere Ruhe finden, neue Perspektiven finden, sich selbst finden. Hauptsache: irgendetwas finden. Und ich bin mir sicher, dass man beim Reisen immer etwas findet – wobei man vielleicht auch etwas verliert. Perspektiven, die man jahrelang eingenommen hatte, ohne sie zu hinterfragen. Sicherheit, die man zuvor hatte und sich als verlorengegangen entpuppt, wenn man wieder zurückkehrt. So läuft das im Leben eben: Manches verliert man, manches gewinnt man. Und manchmal geht beides miteinander einher.

Irgendetwas findet man also immer. Aber sich selbst zu finden, ist vielleicht ein bisschen viel erwartet. Und ich glaube, dass sich an den grundsätzlichen Charaktereigenschaften, die man vor einer Reise hatte, auch durch eine ansonsten sehr prägende Reise nichts bis wenig ändert.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man trotz aller neuen Eindrücke und Erfahrungen immer noch als derselbe Mensch zurückkehrt. Es hat sich nichts daran geändert, dass ich über unangebrachte und unfreiwillig lustige Kommentare lache und versuche, es zu unterdrücken, weil ich mich dafür schäme. Nichts hat sich daran geändert, dass ich mit meinen Schultern wackle und herumzapple, wenn ich von meinem Freund gestreichelt werden will. Es hat sich nichts daran geändert, dass ich mit den Augen rolle und mich anschließend wegdrehe, wenn ich genervt oder beleidigt bin.

Ich bin derselbe Mensch – bloß mit mehr Erfahrungen und einer erweiterten Perspektive. Und ja, das heißt, dass alles irgendwie gleich ist – aber irgendwie auch nicht. Denn diese neuen Erfahrungen und Perspektiven nimmt man trotz allem mit in sein neues altes Leben.

Und genauso fühlt es sich auch an, zurück nach Hause zu kommen: neu und alt zugleich.

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Bildquelle: cottonbro on Pexels, CC0-Lizenz