Florian Prokop und Dena Zarrin sind die Hosts des Podcasts UNLOCK.

UNLOCK – Ein Gespräch über die patriarchale Gesellschaft und Analsex

ZEITjUNG: In eurer ersten Episode geht es um Johanna. Anstatt den Sex abzulehnen, lässt sie „die 15 Minuten“ schnell über sich ergehen. Du hast im Podcast erzählt, dass du das total nachvollziehen kannst. Woher, denkst du, kommt dieses Verhalten?

Dena: Vor allem als weiblich gelesene Person werden wir dazu erzogen, gefällig zu sein. Und das geht teilweise so weit, dass du die Bedürfnisse irgendeines Typen, den du gerade kennengelernt hast und dem du nichts schuldest, über deine eigenen stellst. Mit dem Gedanken: „Ich will jetzt auch nicht nerven und kein unnötiges Drama machen“. Ich kenne das ja selbst von mir. Und ich glaube, man muss einfach noch wahnsinnig viel Arbeit in unsere Gesellschaft stecken, um an den Punkt zu kommen, an dem man sagt: „Meine Bedürfnisse sind wichtig, ich darf dafür einstehen und ich traue mich das auch“.

ZEITjUNG: In der zweiten Folge sprecht ihr über das Thema Analsex und darüber, dass es immer noch ein totales Tabuthema darstellt. Wieso wird nicht offener darüber gesprochen?

Dena: Das Thema ist irgendwie total schambehaftet. Es fällt angeblich aus der Norm und ich glaube, viele haben Angst, verurteilt zu werden, wenn sie darüber sprechen. Ich denke, da ist einfach diese Angst davor, etwas zu tun, dass eben nicht der Norm entspricht. Es ist uns aber wichtig hervorzuheben: Es gibt keine Norm! Das sind alles nur gesellschaftliche Konstrukte, Sexualität ist absolut individuell.

ZEITjUNG: In der zweiten Episode sprecht ihr außerdem über den mangelnden Sexualunterricht in der Schule. Was läuft da schief und könnte verbessert werden?

Dena: Ich weiß natürlich nicht, wie es mittlerweile ist, aber bei uns war es damals einfach lachhaft. Total biologisch, so zum Motto: So werden Babys gemacht. Da ging es überhaupt nicht darum, Jugendlichen etwas Handfestes mit auf den Weg zu geben, womit sie Dating und Sex tatsächlich navigieren können. Ohne richtige Ansprechpartner*innen muss man sich die Dinge über viele Jahre irgendwie selbst aneignen. Ich glaube, das könnte man easy umgehen, wenn es einen Safespace gäbe, der die Schule meiner Meinung nach sein kann, in dem man offen spricht. Man könnte auch einen Workshop mit einer Lehrperson machen, die man nicht jeden Tag in der Schule sieht, sondern die vielleicht von außerhalb kommt. Da könnte man über alles offen reden. Sowas finde ich viel sinnvoller, als das so weg zu ignorieren – als ob es das Problem lösen würde.

ZEITjUNG: Wieso, denkst du, ist es für Frauen und queere Personen schwieriger, offen mit ihren sexuellen Bedürfnissen und ihrer Sexualität umzugehen als für heterosexuelle Männer? Was braucht es, das zu ändern?

Dena: Das Patriarchat schon wieder (lacht). Weiße, heterosexuelle Männer kriegen nun mal überall gespiegelt, dass ihre Bedürfnisse die wichtigsten sind – und zwar egal wo. Es wird nie in Frage gestellt. Alle anderen müssen sich irgendwie selbst eine Bubble bauen und sich ihr Leben lang abstrampeln, bis man an den gleichen Punkt kommt. Es wäre einfach nice, wenn man im Mainstream mehr Vorbilder hat, um sich eben nicht mehr so abstrampeln zu müssen. Auch wenn es viele wahrscheinlich nicht mehr hören können: Diversität ist hier einfach das Schlagwort!

ZEITjUNG: Vielen Dank für das tolle Gespräch!

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Bildquelle: funk / WDR / Sara Herrlander