Die WM in Katar: Was soll man davon halten? Bild: Pexels

Boykott der WM in Katar?

Was also tun? 

Bereits 2018 wurde bei der WM in Russland davon gesprochen, demokratische Prozesse Menschenrechtsreformen in Gang zu setzen. Verändert hat sich bis heute nicht wirklich etwas. Der Druck auf Katar aber wird weiter steigen, je näher das Turnier rückt – und das muss er auch. Dabei geht es zum einen um öffentlichkeitswirksamen Protest durch Mannschaften und Funktionäre, aber zum anderen um den Dialog. Zunächst sollte es darum gehen, auch in Deutschland die Sensibilität für die Situation vor Ort zu schärfen, aber genauso mit Betroffenen in Katar zu kommunizieren, mit Arbeitern, Journalisten und Aktivisten.  

Dabei jedoch stehen sich Verbände und Vereine bislang oft selber im Weg. Karl-Heinz Rummenigge erzählte beispielsweise nach einer der vielen Katar-Reisen, er hätte bisher noch keine Sklaven gesehen. Der DFB veröffentlichte ein hochmodernes Making-Off-Video von der angeblich spontanen T-Shirt-Protest-Aktion der deutschen Nationalmannschaft. Letztendlich geht es also um Glaubwürdigkeit. Dabei würde es allen Beteiligten helfen, die (trotz ersten Verbesserungen) katastrophalen Zustände vor Ort nicht zu leugnen, sondern die Vorbildfunktion und den Fokus der Welt auf dieses Turnier für wirkliche Veränderungen zu nutzen.  

Ein Boykott des Turnieres wäre dabei mit Sicherheit die eindrucksvollste Maßnahme. Dafür aber müssten nahezu alle Länder ihre Teilnahme absagen und das Turnier damit zum Scheitern bringen. Dieses Vorhaben ist aus verschiedensten Gründen erstens unrealistisch und zweitens nicht unbedingt vorteilhaft für die angestrebten Veränderungen für die Menschen vor Ort. Auf der einen Seite würden das Emirat und seine Herrschaftsfamilie zwar geschwächt, auf der anderen Seite wäre es für die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten ein herber Rückschritt, sollte der Fokus und Druck auf Katar durch die WM-Absage schwinden.  

Fakt ist aus meiner Sicht jedenfalls, dass die WM niemals an ein Land wie Katar hätte vergeben werden sollen. Die Wahl ist nun aber schon lange entschieden, die meisten Stadien sind schon fertiggestellt und viele Arbeiter schon gestorben. Wie also jetzt mit der Situation umgehen? 

Sowohl für den Boykott, als auch für einen Nutzen der WM in Katar gibt es reichlich Argumente, die ich nicht abschließend bewerten möchte. Für mich als Fan steht jedenfalls nur eines fest: Ich hatte noch nie so wenig Lust auf eine Fußball-WM. Daher werde ich im nächsten Winter mit Sicherheit nicht an einem Public Viewing mit Glühwein teilnehmen. Ob das die Lage in Katar verändert, sei jedoch dahingestellt. 

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Bildquelle: Alex Green von Pexels; CC0-Lizenz