Plakat mit der Aufschrift: You'll die of old age, we'll die of climate change. Bild: Pexels

LiebesLeben: Stimmungskiller Politik

Katja malt mit Sprache Bilder auf ihre Wortleinwand. In ihrer Kolumne nimmt sie euch mit in ihr Atelier: Als absoluter Gefühlsmensch schreibt sie über die Liebe und das Leben – ein bisschen philosophisch und ein bisschen psychologisch, mit einem Hauch von Melancholie.

Sonntag ist Bundestagswahl. Anders gesagt: Hinter uns liegen Wochen der politischen Diskussionen mit Partner*in, Freund*innen, Eltern und anderen, möglicherweise eher unliebsamen Familienmitgliedern wie Onkel Ralf. Wochen der meist vergeblichen Versuche, hauptsächlich Angehörige der nicht-mehr-ganz-so-jungen Generation von unserer eigenen Position zu überzeugen und ihnen zu erklären, weswegen wir jetzt effektiven Klimaschutz brauchen. Wochen, in denen uns umgekehrt versucht wurde einzureden, wie schrecklich Rot-Rot-Grün doch sei und dass in jedem Fall verhindert werden müsse, dass Annalena Baerbock Kanzlerin wird.

Vor uns liegen Tage des allgemeinen Echauffierens über das Wahlergebnis – aus ganz verschiedenen Gründen. Entweder, weil die CDU vor der SPD landet, oder die SPD vor der CDU. Oder weil Rot-Rot-Grün nicht mehrheitsfähig ist, oder eben doch. Vor uns liegen Wochen und Monate der Koalitionsverhandlungen und Jahre einer daraus hervorgehenden, neuen Regierung, mit der am Ende sowieso niemand richtig zufrieden sein wird – erneut aus ganz verschiedenen Gründen. Entweder zu wenig Klimaschutz oder „zu viel Klimaschutz“ (Zitat Onkel Ralf). Oder zu viele Steuererhöhungen – oder eben zu wenige, um beispielsweise effektiven Klimaschutz betreiben zu können.

Es gibt immer etwas, womit Teile der Bevölkerung unzufrieden sind und worüber infolgedessen heiß diskutiert wird. Und wir alle wissen: Wenn man über Politik diskutiert, dann hitzig und emotional. Man steigert sich hinein, kocht hoch und redet nachher möglicherweise kein Wort mehr miteinander. Ich kenne Familien, in denen das Thema deshalb vehement gemieden wird und Freundschaften, die an politischen Differenzen zerbrochen sind. Aber warum birgt Politik ein so großes Potenzial, zwischenmenschliche Beziehungen zu spalten?

Vor kurzem hat ein Influencer in seiner Insta-Story ein Q&A gemacht und wurde unter anderem gefragt, was er tun würde, wenn eine*r seiner Freund*innen konservativ wäre. Seine Antwort lautete (nicht wortwörtlich, aber sinngemäß): Nichts?! Vorstellungen vom Leben müssen nicht übereinstimmen.

Nun beobachtet man aber immer wieder, dass politische Differenzen meist eben doch sehr ernst genommen werden. Ich glaube, das liegt daran, dass es sich hier um eine ganz andere Art Meinungsverschiedenheit handelt als bei den meisten Dingen. Es ist mehr als „Oh, was, du stehst auf Blond? Ich ja eher auf Brünett!“ oder „Was, den findest du gut? Kann ich überhaupt nicht nachvollziehen!“.

Bei vielen politischen Entscheidungen geht es um ganz andere Dimensionen: Nämlich um Grundrechte. Immer wieder wird behauptet, dass politische Differenzen vor allem von linker Seite zu ernst genommen werden. Die sogenannte Cancel Culture (von der ich als Linke übrigens auch kein Fan bin) wird belächelt und es wird kritisiert, dass Linke nicht rational, sondern emotional diskutieren. Woran liegt das?