Zwischen den Zeilen: Alligatoah, mental Health und „Nachbeben“

Musik kann uns in vielen Lebenssituationen ein guter Lehrmeister sein: Ganz egal, ob es uns um die kleinen Dinge des Lebens geht oder das, was die Welt im Innersten zusammenhält. Heute knöpfen wir uns den Song „Nachbeben“ von Alligatoah vor und werfen einen Blick auf dessen Kernthematik – psychische Gesundheit.

Tagtäglich werden wir mit schwer zu verarbeitenden Inhalten konfrontiert: Exzessive Gewalt, Hass, Ausbeutung – die Liste an Dingen ist zu lang, als dass ich sie alle aufzählen könnte. Dabei achten wir oft gar nicht mehr darauf, wie viel wir überhaupt verkraften können.  

Die Neugier schickt uns oft auf die Suche nach extremen Eindrücken, wie sie sich über das Internet besonders leicht verbreiten – unverfälscht, unkommentiert und in einer bahnbrechenden Geschwindigkeit. Aktuelle Kriegsgeschehnisse, Gewaltverbrechen oder verstörende pornographische Inhalte sind oft nur ein paar Klicks entfernt und zudem in einer Quantität vorhanden, wie es sie vor dem Internet noch nie gegeben hat.

Nun können wir aber nicht einfach alles ignorieren: Zum einen ist es doch recht unwahrscheinlich, dass wir allem aus dem Weg gehen können, zum anderen bedürfen einige Dinge doch unserer Aufmerksamkeit. Noch viel wichtiger als das „Was“ ist also vielleicht das „Wie“ – wie gehen wir mit dem um, was uns im Alltag mitnimmt?

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Die Lüge vom Fels in der Brandung

„Gar nicht“, lautet die Antwort in vielen Fällen: Denn wer hat schon neben Arbeit, Studium, den obligatorischen zwei Stunden Social Media am Tag und dem Abriss mit Freund*innen am Wochenende überhaupt noch Zeit, innezuhalten und sich ein paar Stunden nur um sich selbst zu kümmern?

Wenn es um unsere psychische Widerstandskraft geht, überschätzen wir uns oft maßlos: Wir gaukeln Stärke vor, um kein Ballast zu sein – die anderen scheinen ja damit klarzukommen, warum sollten wir die Ausnahme sein? Während wir uns also selbst überschätzen, unterschätzen wir die Folgen von Langzeitstress – Frustration, Depression, Gewalt (um auch hier nur ein paar zu nennen). Und selbst dann geben wir allem außer unserem eigenen mentalen Zustand die Schuld daran. Das Stigma psychischer Erkrankungen sitzt weiterhin tief und niemand will sich damit identifizieren müssen.

Alligatoah ist als gerade als Solokünstler bekannt für seine überzeichnete Gesellschaftskritik, die er gekonnt hinter einem Vorhang aus Ironie und Sarkasmus verbirgt. Diesmal ist er jedoch überraschend direkt:

„Pass auf deine Seele auf! (Nachbeben)

Dafür gibt’s keinen Prothesenbau“

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Bildquelle: Kristof Jansen, Wikimedia Commons; CC BY-SA 2.0