Paar bei Sonnenuntergang auf einem Hausdach

Beziehungslabel: Warum ist es uns so wichtig, „zusammen“ zu sein?

Eine Beziehung bringt Verpflichtungen mit sich. Man lernt alle Freund*innen und die Familie der anderen Person kennen. Man denkt die Zukunft immer gemeinsam, plant Reisen und stellt sich anderen Menschen als Paar vor. Kurz gesagt: Man lässt sich vollkommen aufeinander ein.

Die Frage ist nur: Gilt das nicht genauso, wenn man keine offizielle Beziehung führt? Sorgt das Nicht-Aussprechen eines Wortes wirklich dafür, dass man weniger Erwartungen stellt und selbst freier in seinen Handlungen ist?

Ist es nicht viel komplizierter, eine Nicht-Beziehung zu führen?

Wenn man sich sagt, dass man sich liebt, sich sehr häufig sieht und nach dem Sex gern kuschelt: Ist es dann nicht (fast) genauso intim wie eine offizielle Beziehung? Wenn man also (fast) dieselben Dinge tut, wieso es dann nicht einfach so nennen?

Die Antwort ist simpel: Weil die Enttäuschung durch vergangene Erfahrungen manchmal eben überwiegt. Beinahe alle Beziehungen, die meine Freund*innen und Bekannten führen, sind irgendwie kaputt. Mir fallen ganze zwei Beziehungen ein, die ich als harmonisch und stabil einschätzen würde. Der Rest wirkt äußerst fragil. Und obwohl beide Partner*innen eigentlich wissen, dass sie einander längst nicht mehr guttun, halten sie doch am „Zusammensein“ fest – weil die Schwelle zur Beziehung überschritten wurde und es unfassbar viel Überwindung kostet, den Schritt zurückzuwagen und die Beziehung für beendet zu erklären. Man hat das Gefühl, nicht einfach gehen zu können, schließlich hat man sich doch füreinander entschieden.

Und aus genau diesem Grund enden die meisten Beziehungen dann irgendwann auf höchst dramatische Weise, und man findet sich inmitten von tonnenweisen Taschentüchern und literweise Alkohol allein wieder. Der Liebeskummer klopft zum x-ten Mal an die Tür und man fragt sich, wieso man sich überhaupt auf diese Beziehung eingelassen hat. Vielleicht ist die Angst vorm erneuten Scheitern kein guter Grund, um nicht irgendwann einen weiteren Versuch mit einer anderen Person zu wagen. Wer schon aufgibt, ohne es überhaupt probiert zu haben, kann schließlich nicht besonders mutig sein. Aber letztendlich ist vielleicht auch der Schritt zur Beziehung kein Indiz für Mut, sondern nur die Verbalisierung des Wunsches nach Sicherheit.