Joni Mitchell gibt ein Konzert (1974). Bild: Paul C. Babin

Liebeserklärung an: Joni Mitchell

Das Musikbusiness war damals, in den 1970ern, eine Männerwelt. Natürlich durften auch Frauen singen – aber doch bitte nur das, was ihnen die Plattenbosse in die Hand drückten. Was auf ihr Äußeres, auf ihr Image, ja das, was von ihnen erwartet wurde, zurechtgeschnitten war. Du hast dich in kein Format pressen lassen, Joni Mitchell. Du hast in deine Musik auf künstlerische Art das gepackt, was dich beschäftigte: Weltschmerz, Einsamkeit, Sinnsuche. Es passt, vermutlich bis heute nicht, zum Image eines Pop-Sternchens, von der Wahrheit zu singen. Du hast keine Hochglanz-Luftschlösser gebaut, Joni Mitchell, sondern lieber versucht, dein Innerstes zu entfalten. Hast dabei das Konventionelle umgedreht.

Bitte nicht feiern

River“ ist der Gegenentwurf zu einem Weihnachtslied. Der Song, der zu Beginn die Melodie von „Jingle Bells“ aufgreift, gleitet ab in eine Piano-Ballade, die zum Ausdruck bringt, wie die ganze Welt um dich herum in Festtagsstimmung ist. Doch du nicht, denn du wünschst dir: „I wish I had a river I could skate away on/I wish I had a river so long/I would teach my feet to fly.“ In „Big Yellow Taxi“ beobachtest du, wie die Schönheit der Insel Hawaii durch den aufkommenden Massentourismus zerstört wird: „They paved paradise and put up a parking lot/With a pink hotel, a boutique, and a swinging hot spot”.

Kurzum: Du hast dich getraut, von dem zu singen, was dich beschäftigt. Nicht von shiny disco balls, nicht von Plastik, haufenweise Geld, Glitter und Glamour. Sondern von Verlangen, von Bedauern, von den Freuden und den Ängsten, einfach nur ein Mensch zu sein. Weil auch ich nur das bin, Joni Mitchell, liebe ich deine Musik. Diese Ehrlichkeit, diese ungeschönte Kreativität. Denn, wie singst du doch in „Amelia“: “People will tell you where they’ve gone/They’ll tell you where to go/But till you get there yourself, you never really know.”

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Bildquelle: Wikimedia