LiebesLeben: Offene Beziehungen in der Realität – die Rolle der anderen

Und obwohl man anfangs denkt, dass die Angst, die man empfindet, die Angst vor dem Verlust ist, habe ich mittlerweile für mich erkannt, dass es tatsächlich nicht der Verlust ist, den ich fürchte.

Denn ich weiß, dass es keine Situation geben wird, in der mein Freund mich durch eine andere Frau ersetzt. Das emotional herausforderndste Szenario, das eintreten könnte, ist, dass er sich in eine andere verknallen könnte – und selbst dann bin ich mir absolut sicher, dass das nichts an seiner Liebe zu mir ändert. Ich habe keine Angst, ihn auf diese Weise zu verlieren, weil ich mit absoluter Gewissheit sagen kann, dass das nicht passieren wird. Vielmehr geht es um die Angst davor, dass etwas Gleichwertiges entstehen könnte. Dass er sich in eine andere verlieben und sie ihm genauso wichtig werden könnte wie ich.

Und ja, machen wir uns nichts vor: Diese Gefahr besteht. Aber sie besteht andersherum genauso. Und sie besteht auch, wenn man in einer monogamen Beziehung lebt und nicht mit anderen Menschen schläft – oder es zumindest nicht tun sollte. Es ist schwer, diese Angst widerstandslos anzunehmen, sie zuzulassen und sie zu durchleben. Aber genau das ist es, was einem dabei hilft, sie loszulassen und stattdessen das Glück anzunehmen, das man im Moment erfährt.

Und dieser Prozess läuft erfahrungsgemäß schneller ab, als man annehmen würde. Vielleicht hält das negative Gefühl für eine Stunde an; vielleicht auch für einen Tag, wenn es intensiv ist. Aber es geht vorüber – und genau deswegen weiß ich, dass ich keine Angst vor der Angst zu haben brauche. Es ist okay, Traurigkeit zu empfinden. Es ist okay, Angst zu empfinden und seinem*seiner Partner*in das zu kommunizieren – und wenn die Emotion vorbei ist, erkennt man einmal mehr, dass die Liebe des anderen nicht schwächer, sondern stärker geworden ist. Denn im Endeffekt schweißt die Freiheit, die man sich gegenseitig gewährt, beide Partner*innen nur enger zusammen – genau wie die Tatsache, dass man offen über seine Gefühle sprechen kann.

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Bildquelle: Daria Rem on Pexels; CCO-Lizenz