Die Menschen hinter den Corona-Demos: Wie alternativ sind die Querdenker?
Aluhüte, Alternative, Rechtsradikale – spätestens seit den Corona-Demos im Sommer letzten Jahres ist die Querdenken-Bewegung bundesweit bekannt. Seitdem haben wir eine Menge mitbekommen über die Verschwörungstheorien, die einige Anhänger*innen der Bewegung verbreiten. Viele waren darüber schockiert, dass Menschen, die sich selbst politisch eher dem linken, alternativen Spektrum zugehörig fühlen, gemeinsam mit Rechtsradikalen demonstrierten. Aber ist es wirklich ein Widerspruch, im Biomarkt einkaufen zu gehen und seine Kinder auf die Waldorfschule zu schicken, während man gleichzeitig rechtes Gedankengut verinnerlicht? Oder haben einige Mitglieder der Bewegung zwar durchaus eine rechte Gesinnung, passen aber einfach nicht so sehr ins Bild vom ungebildeten, grölenden Neonazi in Springerstiefeln?
Die Querdenken-Bewegung ist unglaublich vielfältig und auf den ersten Blick fällt es oft schwer viele Gemeinsamkeiten zwischen den Mitgliedern festzustellen. Da lassen sich Personen finden, die scheinbar auf den ersten Blick in die klassischen Raster „Rechtsnationalist*innen“, „Alternative“ und „Verschwörungstheoretiker*innen“ einzuordnen sind. Aber eint einige Teilnehmer der Querdenken-Demos vielleicht mehr als nur die Ablehnung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und lassen sich dabei in den Überzeugungen der Mitglieder*innen mehr Gemeinsamkeiten finden, als man vermuten möchte?
Dem Antisemitismus-Beauftragten Dr. Michael Blume zufolge existieren in der Querdenken-Bewegung Verschwörungsströmungen, die durchaus gemeinsame Feindbilder hegen. Trotzdem ist wichtig zu erwähnen, dass nicht alle Demonstrant*innen sich in ihren politischen Ansichten radikalisieren. Diese zögen sich aber mehr und mehr zurück, während die radikalen Verschwörungtheoretiker*innen ihre Überzeugungen auf Social Media (und dabei vor allem auf Plattformen wie Telegram) verbreiten, wobei auch häufig antisemitische Posts geteilt und der Holocaust verharmlost werden – auch von Menschen aus dem linken und grünen Spektrum. So wurde im letzten Jahr in Landsberg die Praxis eines Arztes und Homöopathen durchsucht, der seinen Corona-kritischen Patienten falsche Atteste ausgestellt haben soll und auf einer Demo den Hitlergruß zeigte.
Grüner Lifestyle – Braune Gesinnung?
Woher aber kommen diese Überzeugungen und Weltanschauungen? In den alternativen Bewegungen, darunter auch in der Waldorf-Community lassen sich, neben überzeugten Demokrat*innen, auch Menschen finden, die sich mit der Abgrenzung zum rechten Spektrum schwertun. Um diese Problematik zu verstehen, ist es zunächst wichtig, sich mit dem anthroposophischen Weltbild der Waldorf-Pädagogik auseinanderzusetzen. Viele Menschen verbinden mit dem alternativen Schulmodell grundsätzlich viele positive Eigenschaften. So werden die Lerninhalte den Kindern ohne Leistungsdruck und Konkurrenzdenken vermittelt und auf persönliche Stärken und Schwächen wird individuell eingegangen. Auf der anderen Seite lässt sich bei einigen Befürworter*innen des anthroposophischen Weltbildes von Rudolf Steiner jedoch auch eine „ausgeprägte Neigung zu Verschwörungstheorien“ ausmachen, wie es der Religionswissenschaftler Ansgar Martins ausdrückt.