Mann mit Spiegel im Wasser

Transracial: Geht das?

Ja, das mag sein. Dennoch identifizierte sich Jackson stets als Mann afroamerikanischer Abstammung. Denn mit dem Begriff Race, ist eben auch die Geschichte verbunden. Die Ausgrenzungserfahrungen. Die eigene Familiengeschichte. Du kannst umziehen, deinen Namen ändern, dein Geschlecht. Du kannst dich operieren lassen, deine Persönlichkeit ändern, dazulernen, dich entschuldigen, Dinge wieder gut machen oder es zumindest versuchen. Du kannst eine neue Person werden, aber du kannst deine eigene Geschichte nicht ändern. Vergangenheit bleibt Vergangenheit. Und Race hat den problematischen, aber auch schönen Beigeschmack, dass es im Zweifelsfall nicht einmal deine eigene Vergangenheit sein muss, sondern eben auch die deiner Vorfahren.

Wo möchte ich damit hin?

Race und Gender sind eben nicht gleichermaßen änderbar. Ja, es sind beides soziale Konstrukte, aber sie haben nicht den gleichen Ursprung. Mein Geschlecht gehört mir, meine Geschichte nicht.

Dementsprechend finde ich den Begriff „transracial“ auch unpassend. Du kannst dich für eine andere Kultur interessieren, kannst dich über sie informieren, kannst sogar in ihr leben. Dadurch verändert sich jedoch nicht deine eigene Kultur. Race ist nicht real, Rassismus ist es schon. Ebenso wie die Machtstrukturen, die sich aus ihm ergaben. Diese Erkenntnis wird noch härter, wenn man darüber nachdenkt, dass Dolezal und Krug, ebenso wie London, die Wahl haben, sich FÜR eine Identität zu entscheiden, welche von Rassismus betroffen ist. Das ist eine privilegierte Position.

Die Einsicht mag mich ein paar Stunden und viele Knoten im Gehirn gekostet haben, aber ich denke es ist wichtig dort hinzukommen. Denn so tolerant und offen sich unsere Gesellschaft gestaltet, so wichtig ist es auch anzuerkennen, dass wir noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten haben. Auch, wenn uns unsere Eltern stets erzählt haben, wir könnten werden wer wir sein wollen, so gilt dies nur bedingt. Ja, du kannst werden wer du möchtest, aber du bist auch, wer du bist und wer du warst. Und sich der eigenen Privilegien bewusst zu werden und diese für Menschen zu nutzen, welche keine haben, ist sicher wünschenswerter, als auch noch Bühnen einzunehmen, welche nicht die eigenen sind.

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Bildquelle: Alex Iby on Unsplash; CC0-Lizenz