Eine Familie aus Vater, Mutter und zwei Kindern liegt sich im Arm

27, Haus und Kinder: Die Sache mit den Zukunftsplänen

Wer sich darin nicht oder nur teilweise wiederfindet, den befällt schnell das Gefühl, etwas falsch zu machen. Bin ich zu langsam, zu unkonventionell, müsste ich nicht schon längst wissen, was ich mir wünsche? Sofern man selbst nicht schon einen „Lebensplan“ im Kopf hatte, fängt man spätestens in solchen Momenten an, zu überlegen, wohin die Reise einmal gehen könnte. Möchte ich Kinder haben? Wo und wie kann ich mir vorstellen, später zu leben? Sehe ich eine Zukunft mit meinem*r aktuellen Partner*in? Sich selbst diese Fragen zu stellen, ist alles andere als verwerflich, schließlich hat es noch niemandem geschadet, einen groben Überblick über seine Ziele und die möglichen Wege dorthin zu gewinnen. Problematisch wird es erst, wenn aus den kleinen Träumereien und Interessen allzu konkrete Pläne werden. Wer sich mit 22 schon auf einen Wohnort versteift, sich den zukünftigen Arbeitgeber oder gar die Hochzeitslocation aussucht, wird unmöglich all diese Vorhaben in die Tat umsetzen können.

Bei all der Planerei und Organisation sollten wir nicht vergessen, dass wir eigentlich schon immer Vorstellungen über unser Traumleben hatten – und diese in der Regel nicht länger als ein Jahr beibehielten. Wollten wir als Kinder noch für immer bei Mami und Papi wohnen oder mit 20 ein Baby bekommen, weil man dann ja schließlich „erwachsen“ sei, so merken wir heute – nach unserem 20. Geburtstag – dass diese Idee offensichtlich ziemlich realitätsfern war. Genauso erinnern wir uns daran, dass wir zum Studieren unbedingt in eine andere Stadt ziehen wollten, bis auf einmal der*die erste Freund*in um die Ecke kam und die räumliche Trennung unaushaltbar erschien. Wir wollten eine Weltreise machen, uns mit unserem besten Kumpel eine Wohnung teilen und den Beruf erlernen, den wir uns schon in der Grundschule ausgesucht hatten. Stattdessen landeten wir irgendwo anders, nur nicht dort, wo wir eigentlich mal hinwollten.

Diese Aufzählung mag jetzt ziemlich pessimistisch klingen, eigentlich ist sie aber nur eine Umformulierung des allseits beliebten Kalenderspruchs „Leben ist das, was passiert, während man fleißig dabei ist, andere Pläne zu machen“. So übertrieben kitschig diese Aussage klingt, es steckt eine Menge Wahrheit in ihr. Und vor allem taugt sie als guter Rat für all diejenigen, die meinen, schon jetzt ihre gesamte Laufbahn strukturieren zu müssen. Ihr wollt Kinder, okay. Aber ob die mit 27 oder vielleicht doch erst mit 37 geboren werden, ist doch erst einmal nebensächlich. Vielleicht wird aus dem Haus mit Garten eine Stadtwohnung, aus der sicheren Teilzeitstelle eine Freelancer-Tätigkeit oder aus der Hochzeit in Weiß die Erkenntnis, dass man eigentlich nie heiraten wollte. Unser Lebensentwurf wird sich noch hunderte Male ändern, und oftmals werden Gründe dafür verantwortlich sein, von denen wir momentan noch gar keine Ahnung haben. Pläne schmieden ist nicht verboten, nein. Aber man sollte sich auf die Dinge konzentrieren, die man aktuell tatsächlich beeinflussen kann. Den Rest überlassen wir lieber dem Zufall.

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Bildquelle: Vlada Karpovich on Pexels, CC0-Lizenz