Frau mit Hund

Hunde gegen den Coronablues: Gekauft, gekuschelt, ausgesetzt?

Wohin also mit Fifi, wenn Herrchen wieder ins Büro muss?

Gerade für besonders große Hunde wird es derzeit schwer. Denn Englische Bulldoggen, Dobermänner und Staffordshire Bullterrier zählen zu den wohl beliebtesten, aber auch schwierigsten Rassen. Diese sogenannten Listenhunde erfordern in den meisten Bundesländern verschiedene Nachweise, um überhaupt gehalten werden zu können. Wesenstest, Hundeschule, Führungszeugnis. All das kostet den/die Halter*in Geld und Nerven und soll eigentlich dazu beitragen, dass solche Hunde nur von erfahrenen Menschen gekauft oder adoptiert werden. Unter Corona haben diese Beschränkungen und der vermehrte Verkauf über den Schwarzmarkt jedoch dazu geführt, dass Käufer*innen sich Listenhunde über illegale Wege beschafften und nicht anmeldeten. Was bei derartigen Aktionen vergessen wird: Solche Hunde sind nicht von Natur aus drollige Spielgefährten, die dem Menschen die Langeweile im Lockdown nehmen. Vielmehr brauchen sie eine feste Hand und eine konsequente Erziehung, damit sie nicht zu einer potentiellen Gefahr werden.

Erschwerend kam hinzu, dass viele Hundehalter mit ihrem Junghund alleine waren. Hundeschulen hatten zu, Tiertrainer*innen durften keine Hausbesuche machen, Gruppenkurse auf dem freien Gelände fielen aus.

Was macht da ein unerfahrener Halter mit seinem pubertierenden Tier?

Zugegeben, selbst ich fühlte mich die meiste Zeit wie eine dieser kompetitiven, leicht überforderten alleinerziehenden Mütter mit Kleinkind, die auf Instagram sehen, wie andere Eltern ihre süßen kleinen Luisas und Ferdinands mit weißen Hemdchen und Schleifen im Haar für den ersten Englischkurs oder die rhythmische Tanzgymnastik anmelden, während das eigene Kind in gelber Latzhose, mit dreckigen Füßen und Nutella-Resten im Gesicht im Kinderzimmer steht und mit Filzstift die Wände bemalt. Ares war nie bösartig oder dominant, aber auch er trieb mich zwischendurch an den Rand der Verzweiflung. Hätte ich mir keinen Rat bei meinen Eltern oder Freunden holen können, wüsste ich heute nicht, ob mein Hund so kompatibel mit meinem Leben wäre. Dabei ist zu berücksichtigen: Ares ist kein 50kg schwerer Dobermann, sondern eine mittelgroße Straßengrabenmischung.

Fakt ist jedenfalls, im Jahr 2020 wurden 25 Prozent mehr Hunde registriert – und das sind nur die offiziell angemeldeten Tiere. Dementsprechend schlagen die Tierheime nun Alarm, denn mit 20 Prozent mehr Hunden, die abgegeben werden, sind die Zwinger mehr als nur ausgelastet. Und in den südlichen Bundesländern fangen die Sommerferien ja gerade erst richtig an.

Ja sicher, es wirkte im Homeoffice super verlockend, sich diesen niedlichen kleinen Welpen anzuschaffen, der mit seinen großen Augen in die Kamera des ein oder anderen Züchters starrte. Aber aus diesen Babys sind in 1,5 Jahren ausgewachsene Labradore, Schäferhunde oder Dalmatiner geworden, die möglicherweise nie gelernt haben, alleine zu bleiben, oder nicht ausreichend sozialisiert sind. Und diese Tiere landen nun in Heimen, werden von dort aber nicht mehr adoptiert, weil sie einfach nicht mehr so süß sind wie mit acht Wochen. Es ist ein Trauerspiel.

Ich will die Welt hier gar nicht schwarz malen. Es gibt bestimmt viele nette Familien da draußen, die den Lockdown als Chance sahen, einem Tierheimhund ein Zuhause zu geben. Und das erste Jahr investierten, um ihm alles beizubringen, was er können musste, um nun den ganz normalen Alltag mitzuerleben. Menschen, die Hasso und Rex heute mit in den Campingurlaub nehmen oder ihn bei Freund*innen lassen, während sie nach Mallorca fliegen. Alles legitim. Alles gut überlegt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Haustiere sind keine Kuscheltiere, sondern Lebewesen. Familienmitglieder. Und es wäre doch ganz nett, wenn das so langsam auch im letzten Kopf ankommen würde.

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Bildquelle: cottonbro von Pexels, CC0-Lizenz