Warum suchen manche Frauen in ihrem Partner einen Vaterersatz? Bild: Pexels

LiebesLeben: „Bitte, Daddy!“ – Der Vaterkomplex

Dass der Begriff Vaterkomplex sich ursprünglich auf ein psychoanalytisches Konzept von Sigmund Freud zurückführen lässt, kommt dem Ruf des Begriffs nicht gerade zugute. Denn von Konservativen wird bei der Verwendung des Begriffs schlichtweg das überholte, teils als sexistisch kritisierte Narrativ von Freud bedient, während Söhne und Töchter des modernen Feminismus den Begriff häufig einfach gänzlich aus ihrem Vokabular streichen und verachten, weil er aus Freuds Feder stammt. Aber bloß, weil man sich vielleicht von dem Begriff im Freud’schen Sinne distanzieren sollte, heißt das schließlich nicht, dass es keine psychologischen Probleme gibt, die auf eine problematische Beziehung zum Vater zurückzuführen sind.

Denn die gibt es sehr wohl. Gemeinhin wird hier aber nicht von einem Vater- bzw. Mutterkomplex, sondern von Bindungsstörungen gesprochen. Wenn die Bindungsstörung durch den Vater ausgelöst wurde, handelt es sich ja aber irgendwie um einen Vaterkomplex, oder?

Die Ursache liegt dann darin, dass in der Kindheit keine stabile Vater-Kind-Beziehung hergestellt werden konnte. Das kann, muss aber nicht unbedingt darauf zurückzuführen sein, dass der Vater die Familie verlassen hat. Natürlich kann eine solche Bindungsstörung dadurch entstehen, dass die Eltern sich trennen und der Vater sich von diesem Tag an nicht mehr wirklich für sein Kind interessiert. Genauso gut kann eine Bindungsstörung aber auch entstehen, wenn der Vater zumindest formell immer Teil der Familie war, sich aber dennoch nicht so um sein Kind gekümmert hat, wie ein Vater es tun sollte.

Das sorgt dafür, dass beim Kind ein unsagbares Gefühl von Verlust und Zurückweisung entsteht, das häufig nur mit therapeutischer Hilfe – wenn überhaupt – wieder korrigiert werden kann. Andernfalls schwingt das Gefühl immer mit, begleitet den*die Betroffene*n in jeder Beziehung – und macht sie so letztendlich kaputt. Denn wer eine gestörte Bindung zu seinem Vater hat und diese nie therapeutisch bearbeitet hat, wird in einem männlichen Partner nicht selten nach einem Vaterersatz suchen. Dadurch wird etwas vom Partner gefordert, das schlichtweg nicht erfüllt werden kann.