Warum suchen manche Frauen in ihrem Partner einen Vaterersatz? Bild: Pexels

LiebesLeben: „Bitte, Daddy!“ – Der Vaterkomplex

Niemand kann das Bedürfnis nach ständiger Liebe, Pflege und Aufmerksamkeit vollumfänglich befriedigen. Und ja, wahrscheinlich sehnen die meisten Menschen sich in einer Beziehung danach, gepflegt, umsorgt und aufgefangen zu werden, wenn es ihnen nicht gut geht. Aber Menschen mit einer solchen Bindungsstörung verlangen regelrecht, dass man sich um sie kümmert, ihnen Entscheidungen und jegliche Verantwortung abnimmt. Dass ihr Partner wie ein Vater für sie ist. Gewissermaßen wollen sie abhängig sein. Und an dieser Stelle kommt die Verlustangst ins Spiel. Denn weil man in der Tat abhängig von jemandem wird, wenn man sein ganzes Leben auf diese Person konzentriert und seine eigene Identität verliert, und weil man schließlich glaubt, in dieser Person einen Vaterersatz gefunden zu haben, fürchtet man sich davor, diesen Beschützer, diesen Vater wieder zu verlieren – so wie man ihn schon einmal verloren hat. Diese Verlustangst kann dazu führen, dass Betroffene ihren Partner bedrängen, klammern, einen Kontrollzwang entwickeln oder sich bewusst in eine Opferrolle begeben, um nicht verlassen zu werden. Kurz gesagt: Eine Bindungsstörung im Sinne eines Vaterkomplexes führt zur Suche nach einer Vaterfigur in einem Partner, führt zu Abhängigkeit, führt zu Verlustangst, führt zu toxischen Verhaltensweisen.

Kinder, die eine gestörte Bindung zu ihrem Vater hatten, wollen als Erwachsene in Beziehungen häufig das Kind sein, das sie bei ihrem Vater nicht oder nur bedingt sein konnten. Das Problem an der Sache ist nur: Niemand kann dir deinen Vater ersetzen. Du bist kein Kind mehr. Und das solltest du auch nicht sein wollen.

Am wichtigsten ist aber: Niemand anderes kann deine Bindungsstörung – deinen Vaterkomplex – beheben. Die einzige Person, die deine Probleme lösen, mit deinem Vater Frieden schließen und gleichzeitig mit ihm abschließen kann, bist du selbst. Du musst lernen, dir selbst ein Gefühl von grenzenloser Geborgenheit und Liebe zu geben, anstatt in einem Partner danach zu suchen. Und wenn du dich hiervon angesprochen fühlst, solltest du dir bei diesem Prozess Hilfe suchen, denn ja: Es ist schwer. Aber du hast keine Wahl. Du musst diesen Weg trotzdem gehen. Andernfalls wirst du in Beziehungen immer wieder an denselben Punkt kommen, dieselben Ängste verspüren und sie immer wieder scheitern sehen. Es ist an dir, deine Vergangenheit hinter dir zu lassen, die Tür zu schließen und dich der Gegenwart zu widmen.

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Bildquelle: cottonbro on Pexels; CC0-Lizenz