Noël Lunguana schaut direkt in die Kamera

Wenn die Musik vom Hobby zum Beruf wird – Noël Lunguana im Interview

Hattest du schon immer diese Leidenschaft für Musik?

 Ja, ich glaube, ich hatte die schon immer. Ich bin ein sehr kreativer Mensch, wollte früher aber eher Schauspieler werden als Sänger. Habe dann aber realisiert, mit Gesang bin ich ein bisschen besser aufgehoben. Ich habe mich dann bei einer Akademie beworben, bei der ich dann ein Jahr, bevor ich bei The Voice Kids gewesen bin, schon Gesangsunterricht genommen habe. So habe ich damals eine Möglichkeit gefunden, mein Talent zu fördern und dann ist es zu meiner ersten Liebe geworden.

Wie sieht deine Arbeit jetzt aus? Was machst du momentan?

Ich bin immer noch Sänger und mittlerweile auch Songwriter. Ich schreibe viel für andere Künstler und arbeite als Vocal Coach. Mit meinem besten Freund Simon habe ich ein Indie Artist Projekt und wir haben letztes Jahr unsere erste EP veröffentlicht. Momentan arbeite ich daran meine eigene Musik als Solo-Sänger zu veröffentlichen. Also sehr, sehr viel musikalisch Verschiedenes. *lacht*

Woher ziehst du deine Inspiration zum Songwriting?

Ich habe Phasen und es kommt auch drauf an, was die Situation ist. Wenn ich für mich selber schreibe, dann versuche ich schon immer über Dinge zu schreiben, die mich persönlich in meinem Leben beschäftigen. Wenn ich für Projekte schreibe, beispielsweise für Netflix oder für andere Produktionen, dann versuche ich eher über Sachen zu schreiben, die ich spannend finde, über die man schreiben kann, die mich aber vielleicht jetzt nicht persönlich bewegen. Wenn ich für andere Künstler schreibe, frage ich meistens die Künstler, worüber sie schreiben wollen und führe mit denen Gespräche und taste mich dann voran, um zu wissen, wie sie über Situationen denken. Versuche mich in deren Lage zu versetzen und dann aus deren Perspektive ein Song zu schreiben mit den Wörtern, die sie verwenden.

Ist es einfacher Songs für dich selbst oder für andere zu schreiben?

Es ist einfacher für andere Leute etwas zu schreiben als für mich. Bei anderen kann ich einfach fragen: Magst du das? Ja. Nein. Okay. Du magst es nicht? – Dann noch mal neu. Du magst es? Okay. Gekauft. So, deswegen ist es ein bisschen einfacher, weil ich mich da halt nicht erst mal mit mir selbst auseinandersetzen muss, ob ich das mag oder ob das etwas ist, was ich rausbringen würde.

Es ist bestimmt auch eine Herausforderung dann mit so eigenen Songs rauszugehen und sich auch gegebenenfalls angreifbar zu machen. Wie hast du das erlebt?

Definitiv. Für mich ist es so: Ich bin ein sehr privater Mensch. Ich versuche eigentlich immer, so wenig Einblick wie möglich aus meinem Leben mit anderen Leuten zu teilen. Aber ich möchte in meiner Musik trotzdem auch persönliche Dinge verarbeiten, weil das ja auch irgendwo mein Vermächtnis ist.  Wenn ich am Ende meines Lebens auf meine Musik zurückblicke und sehe, dass ich nur belanglose Songs rausgebracht habe, die nichts mit mir zu tun haben, dann finde ich das schon schade. Und für mich ist es so, ich möchte das irgendwie nutzen können, um zu wissen, wie ich mich in dem Alter gefühlt habe. Das ist das, was mir zu der bestimmten Zeit durch den Kopf gegangen ist und das habe ich damit verbunden und deswegen ist es schon wichtig. Aber natürlich ist es auch scary. Deine Ängste, Sorgen und Erlebnisse, das, was dir persönlich widerfahren ist, mit Fremden und allen möglichen Leuten zu teilen. Aber es ist necessary und es ist auch das, was Musik besonders macht.

Wie erlebst du die Zusammenarbeit mit anderen Leuten aus dem Musikbusiness und in der Musikindustrie im Generellen?

Ehrliche Antwort? Ich glaube, ich finde die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern oft schwierig. Viele Leute verbringen in dieser Industrie einfach sehr, sehr viel Zeit damit, übereinander schlecht zu reden, Dramen zu schüren und vieles zu tun, was einfach nichts mit dem Business Part zu tun hat. Das, was Leute immer gerne vergessen ist, dass Musik, auch wenn es kein nine-to-five Job ist, trotzdem ein Business ist, in dem es auch Spielregeln und Verhaltensweisen gibt. Aber wenn ich die Möglichkeit habe mit Gleichgesinnten zu arbeiten, gibt es nichts Schöneres als mit anderen Musikern zu arbeiten.

Das heißt, die negativen Klischees über die harte Musikindustrie bewahrheiten sich?

Das, was sich bestätigt und was man immer wieder hört, dass Leute sagen: „The music industry is nasty. It is toxic.“ Das ist das, was tatsächlich wahr ist. In dieser Industrie geht es ums Überleben. Es ist tough, weil du um Geld gebracht wirst, weil du um Gelegenheiten gebracht wirst, weil dein Vertrauen missbraucht wird. Und weil Leute dich hintergehen und bei der erstbesten Gelegenheit austauschen, dich bewerten oder runtermachen. Leute, die selber irgendwie traurig und verletzt sind, gehen hin und machen dich klein, geben dir keine Chance, weil sie oft eine Bedrohung in Dir sehen. Das sind so Dinge, die dir in dieser Industrie sehr oft passieren. Da brauchst du ein sehr starkes Nervenkostüm, um das nicht persönlich zu nehmen und dranzubleiben. Was mir oft auffällt, die wenigsten Künstler supporten sich untereinander wirklich.

Was würdest du jemandem raten, der Musiker werden möchte oder im Musikbusiness einsteigen will?

Liebe deine Musik an allererster Stelle. Sei dir darüber bewusst, dass der Unterschied zwischen dem Musikbusiness und Musik der Business Part ist. Das heißt, da wo du sagst, ich möchte ins Musikbusiness einsteigen, ist der Moment, wo deine Leidenschaft zu einem Beruf wird, wo du anfangen musst, Verantwortungsgefühl zu übernehmen, wo du anfangen musst, dich Meinungen auszusetzen, wo du bereit sein musst, das, was du liebst, manchmal zurückzustellen für das, was dich weiterbringt. Und dass du Opfer bringen musst. Und dass du bereit sein musst, die Extra Mile zu gehen und einfach da Gas zu geben.

 Was war ein Opfer, das du bringen musstest?

Als Jugendlicher, während meine Freunde auf Partys gewesen sind, Auftritte zu haben und am Wochenende in irgendwelche Städte zu reisen, wo ich performen musste. Meine Opfer, die ich bringen musste, sind Enttäuschungen und das ich lernen musste, meine kindliche Naivität beiseite zupacken. Ich habe so viele Versprechungen gemacht bekommen, die nicht in Erfüllung gegangen sind. Ich habe mit sehr jungen Jahren schon irgendwo gelernt, mich erst über Dinge zu freuen, wenn ich mich in der Situation befinde, wo die Dinge passieren, weil ich weiß, dass bis zur Sekunde vorher alles passieren kann.

Was motiviert dich, trotz all der negativen Dinge, weiter Musik zu machen?

 Die Liebe zur Musik. Ich habe sehr viele verschiedene Dinge, die ich in dieser Industrie mache, weil Musik das ist, was ich am meisten liebe und was ich mein Leben lang machen möchte, egal in welcher Form. Das Business mag ich gar nicht. Das ist auch immer wieder der Grund, warum ich überlege, ob sich das lohnt und, ob ich das wirklich will. Aber die Liebe zur Musik und dass ich es liebe, Songs zu schreiben, mit Menschen zu connecten, meine Emotionen zu teilen, zu singen. Und all diese Dinge sind die, die mich in meiner ganzen Karriere irgendwie angetrieben haben, weiterzumachen.

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Bildquelle: Noël Lunguana, privat