Verschiedene Länderflaggen wehen im Wind

Zwischen zwei Nationen: Kulturelle Identität und Migrationshintergrund

Ich sehe mich in den typischen Klischees der südeuropäischen Länder ehrlich gesagt auch mehr als in den deutschen, vor allem was die Gelassenheit und Herzlichkeit angeht. Als ich das erste Mal in Portugal war, habe ich kein Wort Portugiesisch gesprochen. Wir waren so ein bisschen das Dorfgespräch und mein Vater ist zu fast jedem im Dorf persönlich hingegangen, um mich vorzustellen. Alle haben mich gedrückt und mit offenen Armen aufgenommen, obwohl ich mich nicht verständigen konnte und völlig fremd war. Ich glaube aber, dass ich da auch viel idealisiere, einfach weil ich so wenig Zeit in Portugal verbracht und dementsprechend eine andere Bindung habe. Ich glaube, es ist echt schwer, das in meinem Fall zu vergleichen.

Du hast bisher nur in Deutschland gelebt. Verspürst du manchmal den Wunsch, Portugal besser kennenzulernen und nochmal für eine längere Zeit dort zu leben?

Ich würde Portugal super gern besser kennenlernen, am liebsten wäre mir sehr Influencer-like ein Roadtrip durchs ganze Land. Ob ich dort leben wollen würde, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich glaube, wenn ich die Sprache irgendwann richtig draufhätte, dann wäre das eine Option, aber sicher nicht für immer. Aber ja: Ich würde diese bisher relativ kleine Seite von mir gern besser kennenlernen. Vielleicht könnte ich dann auch eine noch größere Verbundenheit zur Kultur und zu den Menschen herstellen. Bisher hatte ich leider noch nicht die Möglichkeit dazu.

Hast du das Gefühl, dass deine portugiesischen Wurzeln in deinem Alltag eine große Rolle spielen?

Ganz lange hatte ich das nicht, vor allem eben durch die fehlenden Sprachkenntnisse. Ich merke das vor allem, wenn ich Fragebögen ausfülle. Im Corona-Fragebogen der Uni stand sinngemäß die Frage: „Haben Sie einen Migrationshintergrund?“

Die Antwortmöglichkeiten waren:

  • „Nein, meine Eltern kommen beide aus Deutschland“
  • „Ja, beide Elternteile sind Migrant*innen“
  • „Ja, ein Elternteil ist Migrant*in“

In der Hinsicht habe ich immer zwei Gefühle: Einerseits bin ich wahnsinnig privilegiert, da ich nicht migrantisch gelesen werden, andererseits habe ich auch das Gefühl, nicht das „Recht“ zu haben, über solche Themen zu sprechen, weil ich eben nicht wirklich betroffen bin. Trotzdem habe ich Erfahrungen gemacht, die Menschen, deren Elternteile beide in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, nicht machen – Streitereien über Staatsbürgerschaften, zum Konsulat fahren und auf einen neuen Pass warten oder Briefe und Mails übersetzen, weil sie nicht verstanden werden.