Steffi (l.) und Anne (r.) vom Podcast Flexikon. Bild: Julia Stübner

Wie lügt man eigentlich richtig? Das Flexikon

ZEITjUNG: Ihr führt im Podcast die Interviews ja getrennt voneinander. Ich fand das ziemlich erfrischend, weil ich das Gefühl hatte, dass ihr während der Aufnahme selbst noch super viel lernt.

Anne: Naja wir hatten zum einen die Idee, Gesprächspartner*innen zu finden, die nicht so die typischen studierten Wissenschaftler oder so sind, sondern Leute, die ein bisschen um die Ecke gedacht sind. Deswegen hatte Steffi sich als Gesprächspartner bei der Lügen-Folge beispielsweise Milliarden-Mike ausgesucht. Und wir fanden die Vorstellung irgendwie auch cool uns gegenseitig so ein bisschen zu überraschen. Damit das alles etwas spannender bleibt. Klar, die Recherche der jeweils anderen bekommt man schon mit, aber inhaltliches erfahren wir immer erst im Podcast selbst. Und über Milliarden-Mike habe ich mich schon sehr gefreut, ich hätte ja nicht gedacht, dass Steffi für den Podcast in der Strafvollzugsanstalt anruft. Aber was soll ich sagen, Steffi hat nun mal ein Händchen für die Bad Boys.

Zur Erklärung, in einer der ersten Folgen geht es um das Thema: „Wie lügt man eigentlich richtig?“ und für diese Folge unterhielt Steffi sich eben mit dem Betrüger Milliarden-Mike, der sein Geld damit machte, reiche Menschen über den Tisch zu ziehen. Wenn hier einer DER Profi im Lügen und Betrügen ist, dann sicher er.

ZEITjUNG: Wenn das mal kein Statement ist. Wo wir gerade bei Selbsterkenntnis sind. Wie viel habt ihr denn persönlich aus den Folgen und Interviews mitgenommen?

Anne: Also ich muss sagen, dass ich schon sehr viel über mich gelernt habe. Vor allem, wenn es um die Themenfindung geht. Man ist ja doch neugierig. Die Geldfolge war für mich beispielsweise super aufschlussreich, weil ich bemerkt habe, dass ich auch mit 60 nicht ausgesorgt haben werde.

Steffi: Ich fand die Folge im Swingerclub ziemlich lehrreich. Das war irgendwie so nett da, die Leute waren so lieb. Schau, wenn du in einer Großstadt lebst, dann musst du dich immer irgendwie beweisen. Das musst du in dieser Szene nicht. Du bist der, der du bist. Und das fand ich schon spannend. Und wir haben eine Folge zum Thema „Fame“ gemacht, in der ich für mich auf jeden Fall feststelle, dass ich überhaupt nicht selbstbewusst bin. Also, dass ich Authentizität nicht lebe. Versteh mich nicht falsch, ich bin schon so wie ich bin, aber ich habe einfach nicht das Gefühl, dass die Welt mich dafür liebt, wenn ich super authentisch bin. Und daraus entstehen dann ja auch wieder Ideen für neue Folgen. Mich würde zum Beispiel interessieren, wie ich es hinbekomme, dass mir alles einfach komplett egal ist.

Da ist sie wieder, unsere Gesellschaftskritik. Generell fällt mir immer wieder auf, wie reflektiert die beiden sind und wie wichtig ihnen auch Gleichberechtigung und die Förderung von Frauen innerhalb der Produktion sind.

Flexikon
Die neuen Folgen mit Anne und Steffi erscheinen jeden Dienstag. Bild: Julia Stübner

ZEITjUNG: Wie schwierig ist es denn, Interviewpartner*innen zu finden? Eure Themen sind ja schon ganz schön heikel manchmal.

Steffi: Das kommt ganz auf die Folge an. Als wir im Umfeld der Swingerclubs recherchiert haben, war es schwieriger als bei der Lügen-Folge. Aber auch im Bereich der Reality-Shows war es super schwierig. Generell haben wir für uns die Erfahrung gemacht, dass es viel leichter ist, ‚normale‘ Leute für unsere Folgen zu gewinnen. Bei bekannten Persönlichkeiten ist das schon schwieriger. Die haben immer Angst, dass sie zu viel von sich preisgeben könnten. Zumindest ist das meine Vermutung. Unser Vorteil ist aber auch, dass wir Menschen zu einem bestimmten Thema befragen, da geht es dann ja gar nicht um sie als Person, sondern um ihre Expertise in einem bestimmten Thema, das macht es für viele auch wieder leichter.

Anne: Ja das stimmt schon. Normale Leute haben einfach Lust, ihre Geschichte zu erzählen. Ich habe diese Woche mit Schwester Ursula gesprochen, für eine Folge, in der es um Neuanfänge gehen soll. Und da habe ich schon gemerkt, dass sie total Feuer und Flamme war.

ZEITjUNG: Ist es sehr schwierig ein Gleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Interviewpartner*innen herzustellen? Gibt es mehr Männer, die Interviews geben?

Anne: Also wir sind – was wir sehr feiern – beim Flexikon zu 90% Frauen. Eigentlich ist nur ein Mann dabei. Bei Interviewpartnerinnen ist das schon viel schwieriger. Ich denke das liegt daran, dass es Frauen schwerer fällt zu sagen, dass sie cool sind und für eine bestimmte Sache stehen. Männer haben da weniger Probleme mit.