Hassobjekt: Urlaubsfotos auf Facebook

Jeder kennt sie. Person A lehnt an einer Palme und grinst in die Kamera. Person B steht, den Daumen hochhaltend, neben einem Straßenverkäufer und bekommt eine frisch aufgeschlagene Kokosnuss überreicht. Person C hält die frischlackierten Fußnägel in den weißen Sand, im Hintergrund ist nur das Blau des Meeres auszumachen. D und E formen im Sonnenuntergang mit ihren Fingern ein Herz um den langsam im Meer verschwindenden Feuerball. Bevor ich mich jetzt durch das ganze Alphabet arbeite, mache ich es lieber kurz: die Urlaubsfotos der Möchtegern-Travelblogger boomen derzeit wieder auf Facebook. 

Ja, ist denn schon wieder Sommer?

Ein halbes Jahr habe ich Ruhe. Zwischen Weihnachten und den unabdingbaren „Happy New Year Fotos“ meiner Freunde liegen Wochen, ja sogar Monate, voller lustiger Katzen-Memes. Ab und zu mal ein Schnappschuss einer verrauchten Tanzfläche oder ein Bildchen vom süßen Neffen einer alten Schulfreundin und dann kehrt wieder Ruhe in meine Timeline ein. Bis die Temperaturen auf dem Thermometer den zweistelligen Bereich erklimmen, die Urlaubspiraten mit Reisen nach Griechenland, Kroatien, Sardinien und Buxtehude nur so um sich schmeißen und vor meinem Haus, nach ellenlanger Durststrecke, endlich wieder Parkplätze frei sind. 

Balkonien 2.0

Was ist eigentlich aus Urlaub auf Balkonien geworden? Was aus „Lass uns am Wochenende mal zum See fahren“ und „Treffen wir uns später im Park“? Kurzgesagt: Balkonien und rumgammeln im Park sind tot. Während wir im Sommerurlaub nicht alle drei Minuten ein Statusupdate von uns gegeben und anderen Leuten unser Leben ungefragt unter die Nase gerieben haben, gehört der Kommentar aus dem Off heute zum guten Ton der Kosmopoliten. Das gilt nicht nur aber vor allem für den nervigen Urlaubsfotoeinheitsbrei, der uns von Juni bis September fortwährend kredenzt wird.

Waren die Bilder von Stränden und Cocktails vor ein paar Jahren noch eher eine Rarität, ermöglichen die sinkenden Flugpreise es jetzt auch noch Wolfang aus Wermelskirchen seine Füße in karibischen Sand zu strecken und meine Timeline mit seinen Urlaubsfotos zuzumüllen. Ein Foto aus dem Urlaub zum Ärgern der Daheimgebliebenen reicht heute nämlich nicht mehr. Seit 2015 werden ganze Fotoalben bei Facebook hochgeladen um sicherzustellen, dass man nicht nur die obligatorischen Sandalen im Sand, sondern auch das bei Blitzlicht fotografierte All-you-can-eat-Buffet auf mindestens 32 verwackelten Bildern bewundern kann.

Des Pudels Kern

Mein Problem mit Urlaubsfotos auf Facebook ist nicht, dass die Anderen verreisen während ich arme Studentenseele im Sommer in der Großstadt meine Kleider vollschwitze. Mein Problem mit Urlaubsfotos auf Facebook ist, dass von 851 Menschen 678 die exakt gleichen Bilder hochladen. Jeder für sich im Glauben, das ultimative Urlaubsalbum kreiert zu haben. 678 Menschen, die den gleichen Filter benutzen und sich danach über ihre Amateurfotografie freuen. Frei dem Motto: „Also SO hat noch nie jemand ein Foto am Strand gemacht“ oder „Aus der Perspektive hat garantiert noch keiner den Sonnenuntergang gesehen“. Doch. Wir haben sie alle schon gesehen. Ich weiß, wie die unteren Extremitäten meiner Freunde am Strand aussehen, ich habe genügend Erinnerungen an Fotos auf denen Menschen „lässig mit der Sonne auf der Hand“ posieren und habe garantiert genügend furchtbar fotografiertes Essen für den Rest meines Lebens gesehen.

Das „Es-ist-total-super-hier“-Phänomen

Ja, stimmt denn das? Ist es denn wirklich total super bei dir? Uploadest du deshalb Unmengen an überbelichteten Fotos bei Facebook? Weil alles so super ist? Ich bezweifle das. Ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte dein Urlaub ist furchtbar. Furchtbar langweilig, furchtbar heiß, furchtbar stickig und vor allem: furchtbar normal. Warum sonst kann man deinen Griechenlandaufenthalt minutiös nachverfolgen? Wenn alles so „super“ wäre, hättest du doch vor lauter Genuss gar keine Zeit dein mobiles Endgerät in die Hand zu nehmen und ein Foto vom kalten Buffett zu machen, oder? Eben. 

Urlaub, der

Der Duden definiert den Urlaub wie folgt: „Urlaub ist die dienst-, arbeitsfreie Zeit, die jemand [zum Zwecke der Erholung] erhält“. Die Rund-um-die-Uhr-Betreuung deiner Social Media Accounts entspricht dieser Definition also eher nicht. Ein Foto vom Strand reicht um allen Daheimgebliebenen den digitalen Mittelfinger zu zeigen. Die Likes sind dir gewiss, wenn es sich hier um ein gutes Foto handelt. Danach kannst du die Kamera beruhigt weglegen und dir den Sonnenuntergang ohne Smartphone angucken. Es glaubt dir sowieso keiner wie schön es da ist und die Kokosnuss schmeckt auch ohne Live-Videoübertragung.

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Bildquelle: Unsplash unter cc0 Lizenz