Zwei junge Erwachsene fahren auf Fahrrädern durch die Innenstadt

Stadtplanung: Warum wir ohne Autos besser dran wären

Leider ist die Debatte um PKW-freie Innenstädte auch stark ideologisch aufgeladen. In der deutschen Kultur nimmt das Auto als Fortbewegungsmittel einen hohen Stellenwert ein: Vor dem 18. Geburtstag seinen Führerschein zu machen ist heutzutage mindestens genauso selbstverständlich wie die Tatsache, dass bei der Planung und Gestaltung von Städten der PKW-Verkehr an erster Stelle steht. Die Fahrt in die Waschstraße, allseits beliebter Sonntagsausflug kleinbürgerlicher Vorstadtfamilien, soll das Statussymbol Auto in Ehren halten, es wird gewienert, aufgehübscht und geputzt; nicht selten ist in den Medien die Rede von „Autofetischismus“. Vielen Deutschen ist die Nutzung ihres PKWs so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie sich nicht einmal mehr vorstellen können, regelmäßig in öffentliche Verkehrsmittel zu steigen.

Nicht zuletzt rücken vermehrt auch soziale Aspekte in den Vordergrund. Die Diskussion um die autofreie Innenstadt verschließe die Augen vor denjenigen, die ohne Auto ihren Alltag nicht bewältigen könnten, bemängeln Kritiker*innen aus dem linken Spektrum. Während es für die einen lediglich einen Luxusverzicht darstelle, den SUV von nun an in der Garage zu lassen, müssten andere ihren kompletten Tagesablauf umstrukturieren. Für alleinerziehende Elternteile, Schichtarbeiter*innen oder Handwerker*innen würde ein PKW-Verbot vieles verkomplizieren und letztendlich womöglich dazu führen, dass sie sich nach einer neuen Bleibe außerhalb der autofreien Zone umschauen würden. Prekäre Milieus würden demzufolge in die Randbezirke verdrängt und die Gentrifizierung beschleunigt werden.

Die Zukunft ist autofrei

Klar ist also: Der Übergang zu einer autofreien (Innen-)Stadt muss bereits im Voraus gut durchgeplant sein. Ohne Änderungen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs, der Fahrradfreundlichkeit sowie der Kommunikation zwischen Bürger*innen und Entscheidungsträger*innen ist das Projekt in den meisten Fällen zum Scheitern verurteilt. Wenn jedoch Politik und Wirtschaft mit verschiedenen Bevölkerungs- und Berufsgruppen in einen Dialog treten, sodass alle Perspektiven berücksichtigt werden, kann die gesamte Stadt von einer Reduzierung des PKW-Verkehrs profitieren.

Auch scheinbar ablehnende Stimmen richten sich selten gegen das Vorhaben an sich, sondern eher gegen die Umsetzung bzw. die mangelnden Rahmenbedingungen. Wird dieser Konflikt überwunden, haben autofreie Innenstädte das Potenzial, gesteigerte Lebensqualität und Umweltschutz langfristig zu vereinen. Dabei sind sie viel mehr als eine grüne Ideologie: Tatsächlich könnte aus den zahlreichen Verkehrsversuchen, die in deutschen Großstädten auf der Agenda stehen, das Mobilitätsmodell der Zukunft erwachsen.

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Bildquelle: Samson Katt on Pexels, CC0-Lizenz