Drei Menschen sitzen auf dem Boden und spielen ein Brettspiel.

Kolonialismus und Imperialismus in Brettspielen

„Die Siedler von Catan“ und weitere Spiele

Das finnische Spiel Stern von Afrika ist ebenfalls weit verbreitet. Das Konzept lautet folgendermaßen: Abenteurer machen sich auf den Weg nach Afrika, um einen riesigen Diamanten zu finden, von dem sie wissen, dass er sich irgendwo in Afrika befindet. Schon an dieser Stelle ist zu kritisieren, dass Afrika offensichtlich kein Land ist, sondern ein Kontinent, der aus mehr als 50 verschiedenen Staaten besteht – und dass es nicht dieses eine Afrika gibt. Eine derartige Wahrnehmung beruht auf rassistischen Klischees. Aber zurück zu den Spielregeln: Wer den Diamanten letztendlich findet, muss ihn schnellstmöglich nach Tanger oder Kairo bringen, um das Spiel zu gewinnen. Sieger ist also, wer Afrika am schnellsten seiner Rohstoffe beraubt.

Es gibt noch eine ganze Reihe ähnlicher Spiele. Eins davon heißt sogar – ganz ohne Umschweife – Colonialism. Es ist zwar weniger bekannt als die anderen Spiele, dafür aber umso offensichtlicher: Die einzelnen Spieler stellen jeweils eine Kolonialmacht dar, nehmen Einfluss auf möglichst viele Gebiete und müssen so viele Rohstoffe wie möglich gewinnen.

Und selbst das extrem beliebte Brettspiel Die Siedler von Catan weist gewissermaßen imperialistische und kolonialistische Elemente auf. Schließlich geht es auch hier darum, eine bislang unbekannte Insel zu erschließen, sie zu bebauen und immer weiter zu expandieren.   

Darf ich diese Spiele jetzt nicht mehr spielen?

Leider liebe ich Spiele – insbesondere Brettspiele, an denen man stundenlang sitzen kann. In meiner Familie wurde immer viel gespielt, ich bin also mehr oder weniger damit aufgewachsen. Und natürlich wird man durch eine Runde Puerto Rico höchstwahrscheinlich nicht zu einem*r Anhänger*in des Imperialismus. Trotzdem ist es eine Überlegung wert, ob es nicht eigentlich ziemlich unangemessen ist, einen für die damals betroffenen Menschen traumatischen Prozess wie die Kolonialisierung in Form von Spiel, Spaß und Spannung zu normalisieren und sogar zu glorifizieren.

Denn auch Kolonialismus und Imperialismus sind Bestandteile des komplexen Rassismus-Puzzles. Weißen Menschen, die nie von struktureller Diskriminierung aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft betroffen waren, fehlt noch immer der geschulte Blick für Alltagsrassismus. Genau darum ist es wichtig, in jeglicher Hinsicht dafür zu sensibilisieren – damit all das irgendwann hoffentlich einfach keinen Artikel mehr braucht.

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Bildquelle: cottonbro on Pexels; CC0-Lizenz