Zwei Personen umarmen sich und lachen

Mehr Mut zu Emotionen!

Auch wenn die gesellschaftliche Akzeptanz individueller Emotionen zunehmend steigt, fällt es vielen Menschen noch immer schwer, ihre Gefühle zu zeigen. Doch warum ist das so? Und wie schaffen wir es, uns anderen gegenüber zu öffnen?

Internationale Stars wie Billie Eilish oder Justin Bieber machen es vor: Gefühle zeigen ist sexy. In ihren aktuellen Hits besingen sie die dunklen Seiten des weltweiten Ruhms, fluchen, schreien, trauern; zeigen sich verletzlich, sensibel, ehrlich und vor allem eins: menschlich. Kaum ein bekannter Song kommt heutzutage ohne Liebesgeständnis, Mental-Health-Awareness oder persönliche Lebensgeschichten aus. Doch was in der Musikbranche schon längst als Mainstream gilt, ist für viele Einzelpersonen unvorstellbar.

Wo liegt das Problem?

Emotionen zu offenbaren galt lange Zeit als Schwäche. Besonders in der Arbeitswelt waren Gefühle ein absolutes Tabuthema, über das weder im offiziellen noch im inoffiziellen Kontext gesprochen wurde. In einem scheinbar rationalen und produktivitätsorientierten Umfeld bestand kein Platz für Gedanken und Empfindungen, welche von der eigentlichen Tätigkeit ablenkten und unnötige Zeitreserven in Anspruch nahmen. Psychische Erkrankungen wie Burnouts oder Depressionen standen demzufolge an der Tagesordnung, wurden jedoch kaum als ernstzunehmendes Problem angesehen: Wer sich – vor allem als Mann – mit den eigenen Emotionen auseinandersetzen wollte, wurde als Weichei oder Pussy betitelt. Die Menschen begannen, sich emotional abzuschotten, vieles in sich hineinzufressen und nach und nach an dieser Herausforderung zugrunde zu gehen.

Im Laufe der letzten Jahre wandelte sich dieses Bild. Innovative Start-Ups begannen, Pausenräume einzurichten, in denen sich die Mitarbeiter*innen von der Arbeit erholen konnten, es gab Tischkicker, Sitzsäcke und After-Work-Angebote. „Work-Life-Balance“ lautete das Stichwort, welches das Wohlbefinden der Angestellten plötzlich auf die Tagesordnung zu setzen schien. Wer genauer hinschaute, erkannte jedoch, dass all diese netten Gesten und Aktionen trotzdem auf Leistungssteigerungen ausgerichtet waren. Unternehmen hatten realisiert, dass es langfristig wenig Sinn ergab, eine*n Arbeitnehmer*in nach dem*r anderen ausbrennen zu lassen – um ihre Produktivität und Effizienz zu erhöhen, entschied man sich daher für ein pseudo-freundliches Modell.