Wie liebte man sich im antiken Griechenland? Bild: Pixabay

Eine Idee Liebe: Orgien in Griechenland?

Der Beginn der freien Liebe?

„Toll, quasi eine einseitig offene Beziehung.“ Ich rolle mit den Augen. „Wenn du so willst, ja. Lieben hieß für die alten Griechen versorgen. Das Wort hatte einfach eine andere Bedeutung. Das heißt aber nicht, dass es gar keine Romantik gab.“ Ich schreibe fleißig mit und nicke an den richtigen Stellen. Lukas hatte sich derweil richtig in Rage geredet. „Wo fand man diese Romantik denn dann? Bei den Ehefrauen anderer Männer?“ – „So ähnlich“, erwidert Lukas und macht eine dramatische Kunstpause. „Man ging auf sogenannte Symposien.“ – „Symposien? Sind das nicht eigentlich wissenschaftliche Tagungen?“ Vor meinem inneren Auge erhielt das Chemie-Symposium der Uni plötzlich eine ganz neue Bedeutung. „Heute ja, damals nicht.“ Lukas war in seinem Element. „Früher waren Symposien eher Trinkgelage. Du kennst vielleicht diese Bilder mit den Liegesesseln, auf denen Wein und Trauben gereicht werden. Diese Treffen waren jedoch nur für verheiratete Männer zugänglich. Naja, und für Prostituierte eben. Viele der Krüge und Schüsseln aus der damaligen Zeit sehen fast aus wie ein verzerrtes Kamasutra.“

„Und die Frauen saßen zuhause rum?“ – „Keine Sorge, die fanden schon ihren Weg. Der war nur eben nicht ganz so offiziell. Aber jetzt kommt’s“, Lukas macht einen kleinen Trommelwirbel auf dem Tisch. „Männer, die es sich leisten konnten, hatten Langzeitgeliebte. Quasi antike Sugarbabies. Man nannte sie Hetären. Sie waren Tanzpartnerin, offenes Ohr und Sexsymbol in einem. Sie hatten häufig einen großen Einfluss auf ihre Gönner, ließen sich Wohnungen und Kleider bezahlen und hatten ihre Finger in der Politik. Von manchen Hetären gibt es wahre Heldinnengeschichten und andere waren für das Unglück ganzer Städte verantwortlich.“ Meine Augenbrauen schießen an die Decke. Ich komme ins Grübeln. „Aber war es für Frauen dann nicht viel klüger Hetäre zu sein als Ehefrau?“

Ist das Gleichberechtigung?

Lukas schmunzelt. „Kommt ganz drauf an, was du willst. Für Macht und Einfluss sicher, aber dein Ruf war dann eben auch dahin.“ – „Also, alles wie heute“, platzt es aus mir heraus. „Nicht ganz, aber ja, du kannst sicher Parallelen finden.“– „Aber du meintest eben, dass es in Griechenland schon Romantik gab, nur einfach nicht in der Ehe. So eine Beziehung mit einer Hetäre wird jawohl nicht alles gewesen sein.“ – „Nein, das stimmt. Die Griechen und auch die Römer haben sich nach Romantik gesehnt. Das sieht man schon in der Literatur. Ovid schrieb viel über die verschmähte Liebe und Schwärmereien. Nur waren diese in der Realität eben selten. Man fand sie eher in der Kunst oder in der Literatur. Und wenn es sie doch gab, dann tat man gut daran sie geheim zu halten.“ Meine Hände ruhen einen Moment auf der Tastatur. Ich finde das traurig. Bis gerade dachte ich immer, dass die Liebe ein urmenschliches Bedürfnis sei. Aber vielleicht ist sie das gar nicht. Möglicherweise geht es mehr um Zugehörigkeit und Schutz. Eine tiefe Verbundenheit und die Bestätigung des Egos.

„Lass den Kopf nicht hängen“, meint Lukas und klappt meinen Laptop zu. „Die Sozialisation war einfach eine andere. Wir werden dazu erzogen nach Liebe zu streben. Die alten Griechen hatten Angst davor. Eros galt damals als Gott der Liebe, aber auch des Chaos. Er war dafür bekannt, Unruhe zu stiften und Familien zu zerstören. Es gab Erzählungen, dass selbst die stärksten Männer vor ihm niederknien mussten. Man fürchtete ihn, weil er dir die Kontrolle über deinen Körper nehmen konnte. Dichter haben das Gefühl mal so beschrieben: Kalter Schweiß auf der Haut, heißes Feuer in der Brust, klingelnde Ohren, ein verschwommener Blick, der Verlust der Fähigkeit sich richtig auszudrücken. Na, klingelt da was?“ Ich nicke zustimmend. „Klingt wie Schmetterlinge im Bauch.“

„Ja genau, begehrenswert und angsteinflößend zugleich. Da kann man schon mal verstehen, wenn die Griechen davor zurückschreckten.“ 

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Bildquelle: wallner auf pixabay; CC0-Lizenz