Prince Kuhlmann vorgbeugt

„Mein Traum wäre, einen ganz neuen Tatort entstehen zu lassen“ – Im Interview mit Prince Kuhlmann

Prince Kuhlmann ist 32 Jahre jung und lebt als Schauspieler in Hamburg: Als Kind hat er im Musical „König der Löwen“ die Rolle des kleinen Simbas gespielt. Danach lässt den jungen Prince die Schauspielerei nicht mehr los. Mit 16 Jahren klemmt er sich hinters Telefon und ruft Studio Hamburg an: „Ich bin Schauspieler und würde gerne eine Rolle haben“. Das Ergebnis: eine Gastrolle bei Notruf Hafenkante. Eine Zeit lang spielt Prince parallel zu den Castings American Football. Nach dem Abi muss sich Prince dann endgültig die Frage stellen: Wie geht es jetzt weiter? Der Film T.H.U.G.- True Hustlers Under God von Bradley Iyamu eröffnet dem jungen Schauspieler neue Perspektiven. Heute ist er im Kinofilm Borga zu sehen oder in der RTL-Serie Balko Teneriffa. Prince gibt im Interview Einblicke in sein Leben und seine Arbeit als Schauspieler: Er erzählt von Borga, Balko Teneriffa und wie es ist, schwarzer Schauspieler in Deutschland zu sein.  

Wusstest du schon als Kind, dass du Schauspieler werden wolltest?

In der Grundschule gab es ein Buch, da sollten wir uns etwas wünschen, was wir werden wollen. Da habe ich geschrieben, dass ich unbedingt in einem Film oder einer Serie mitspielen will. Ich habe das ganz komisch formuliert, aber ich weiß jetzt im Nachhinein, das war eigentlich das, was ich meinte. Ich habe als kleiner Junge beim Musical „König der Löwen“ mitgespielt. Meine Mutter hat mich dort beworben und ich habe zwei Jahre die Figur von Simba in klein gespielt. In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass ich das nur noch machen will. Das war wirklich von klein auf. Das ist mein Ding. Ich mochte das gerne, da auf der Bühne zu stehen. Das hat meine Mama früh erkannt und mich irgendwie so ein bisschen da reingebracht. Als ich meinen letzten Tag hatte bei König der Löwen, ich habe geheult, das war so schlimm. Ich wusste dann in dem Moment auch, da muss noch was passieren, das kann nie zu Ende sein.

Du hast dich für eine Ausbildung an der Schauspielschule entschieden, obwohl du schon so erfolgreich warst. Wieso?

Ich habe für mich gesagt, dass ich das jetzt noch mal richtig schwarz auf weiß haben will. Ich möchte das auch beruflich zertifiziert bekommen, dass ich Schauspielerei mache. Es gibt viele Schauspieler, die sind quer eingestiegen, aber ich will das nochmal von Grund auf lernen.
Genau, dann habe ich mich beworben und wurde dann auch beim Vorsprechen genommen. Ich habe die drei Jahre Schauspielausbildung durchgezogen. Es war eine taffe Ausbildung, weil du einfach alles nochmal komplett neu lernst. Von der Sprache, von der Haltung. Wir hatten Ballett, wir hatten Tanzen, wir hatten Stimme, wir hatten Lesen, wir hatten Sprache. Das war noch mal eine richtige Ausbildung. Auch die Rollenvorbereitung, wie du in einer Figur reingehst. Da ist ja jeder individuell. Du hast eine bestimmte Technik, die du an der Schule lernst. Aber grundsätzlich kommt es darauf an, wie versuchst du Sprache, Emotion und vor allem auch den Inhalt so zu verdeutlichen, dass es authentisch bleibt und nicht gespielt.

Wurdest du von deinem Umfeld, deiner Familie, deinen Lehrer unterstützt in deinem Traum?

Es war eher uncool für meine Freunde, weil eigentlich die anderen immer Fußball gespielt haben und ich eher in die Kunst und Schauspielerei interessiert war. Ich war früh inspiriert von Serien wie „Der Prinz von Bel Air“ von Will Smith Projekten. Aber damals war das in der Schule mit der Kunst immer sehr sekundär. Theater war okay, wenn dann auch die Noten stimmen. Es war nie wirklich so, dass man da gefördert wurde. Ich habe nie wirklich diesen Respekt oder den Zuspruch bekommen, dass es was Gutes ist. Das wurde immer belächelt. Es wurde auch nie gesagt, dass man damit Geld verdienen kann. Und das fand ich sehr schade und deshalb finde ich das so interessant, was ich jetzt heute mache. Ich unterrichte jetzt auch und teile den Schülern dadurch mit, dass die Kunst auch ein Beruf sein kann. Die Kunst geht immer unter, finde ich. Sie hat jetzt in den letzten zwei Jahren extrem gelitten unter der Pandemie und man hat uns immer heruntergestuft. Wir sind sekundär. Und das habe ich damals als Kind auch extrem gespürt. Man hat es nicht ernst genommen.

Unterrichtest du jetzt auch an einer Schauspielschule?

Nein, hier bin ich an der Gesamtschule. Ich unterrichte in der Oberstufe Schauspiel. Ich unterrichte bilingual und auch normal Schauspiel für die Oberstufe oder Mittelstufe. Das ist das Schöne jetzt in dieser Neuzeit, was ich damals leider nicht hatte. Es gibt es auch Profile wie die Schauspiel Profile, in denen du auch Abitur schreiben kannst. Wo du dich mit dem Thema Kunst und Schauspiel auseinandersetzt. Für mich ist das Schöne, ich unterrichte an der Schule und darf dann, wenn ich Projekte drehe, auch mal für drei, vier Wochen nicht da sein. Ich bin auch froh, dass die Schule mir diese Möglichkeit gibt. Und für die Schule ist es auch was Schönes, wenn sie Projekte sehen. Dann ist der Kollege Kuhlmann, wie die Schüler mich immer nennen, im Fernsehen zu sehen oder im Kino.

Ist es dir wichtig, die jungen Menschen so zu ermutigen, weil du das selbst früher wenig erlebt hast?

Absolut. Ich hätte mir das damals auch gewünscht, dass ich in der Schule vielleicht eine Person oder Figur als Vorbild bekommen hätte. Ich bin jetzt an einer vielfältigen Schule. Wir haben ganz viele Schüler:innen aus internationalen Gruppierungen und Kulturen. Und oftmals hat man mich auch angesprochen: „Herr Kuhlmann, ich habe noch nie einen schwarzen Schauspieler gesehen.“ Das ist dieses Repräsentieren von bestimmten Gruppierungen oder von Minderheiten in der Welt oder in Deutschland, welches fehlt. Es ist umso wichtiger für mich das zu repräsentieren. Ich habe Schüler:innen, die studieren jetzt nach dem Abi Schauspielerei aufgrund dessen, weil ich ihnen ein bisschen was beibringen konnte. Das sind Momente für mich, da bin ich wahnsinnig froh. Ich versuche einfach das, was ich selbst gelernt habe, wiederzugeben. Und dadurch, dass du in einer internationalen und vielfältigen Schule wie dieser bist, ist es umso wichtiger, dass du auch das zeigst. Das es möglich ist, dass du Dinge im Fernsehen hast, was in der Regel leider oftmals bisher nicht diese Anerkennung bekommt, wie in den letzten Jahren. Und ich weiß, da passiert gerade ganz viel, da bin ich auch wahnsinnig froh darüber, aber es passiert noch zu wenig. Es ist wichtig für mich, dass ich das darstellen kann. An der Schule, im Fernsehen, im Film.

Auch deine Agentur Black Universe setzt sich ja gerade besonders dafür ein, dass People of Color mehr gesehen und besser repräsentiert werden.

Ja genau. Ich sag immer, Black Universe ist so etwas wie meine zweite Family. Bradley Iyamu ist der Inhaber der Agentur und hat auch damals mit mir den Film T.H.U.G gedreht. Nachdem wir diesen Film gedreht haben, habe ich Anfragen bekommen für verschiedene Agenturen. Das Problem in solchen Agenturen ist, dass ich oftmals eine tote Kartei war. Du warst zwar in dieser Agentur, aber du wurdest gar nicht angeschaut. Und der entscheidende Unterschied zur Black Universe Agency ist, dass du primär wirklich schwarze Künstler hast, schwarze Schauspieler, die gefördert werden. Die ganz gezielt auch diese Castings bekommen und nicht für Klischeerollen oder bestimmte Figuren, die man versucht in der Gesellschaft so abzustempeln. Das hat Black Universe für mich ermöglicht, seitdem ich in dieser Agentur bin. Ich habe ich das Privileg, dass ich von dieser Agentur leben darf und das Glück, dass ich konstant Anfragen bekomme, die normalerweise nicht immer so wie früher waren. Ich glaube, das Schöne an dieser Agentur ist einfach, dass wir etwas Repräsentieren dürfen, was es in dieser Form noch nie in Deutschland gab. Man benennt es einfach auch. Man traut sich ganz klar zu sagen: Das ist das Black Universe in Deutschland, wo wir gezielt schwarze-deutsche oder afrodeutsche Schauspieler fördern und unterstützen.

Die Agentur Black Universe setzt sich auch für das Konzept des Color Blind Casting ein. Was versteht man darunter?

Color Blind Casts sind Figuren, wo nicht dein Werdegang oder deine Wurzeln im Vordergrund steht. Beispielsweise die Rolle Prince kommt aus Uganda, denn er kann ja nur aus Uganda stammen und ist auf der Flucht. Er ist Flüchtling; das ist diese Klischee Figur. Color-Blinding wiederum zeigt Figuren, wie einen Staatsanwalt, einen Richter, ganz klar, ohne die Farbe in Frage oder in den Vordergrund zu stellen. Das ist die Richtung, wohin wir als Black Universe wollen. Die Figur, das künstlerische Dasein, die schauspielerische Leistung sind im Fokus. Das ist das Ziel, dass wir das erreichen können.