Prince Kuhlmann vorgbeugt

„Mein Traum wäre, einen ganz neuen Tatort entstehen zu lassen“ – Im Interview mit Prince Kuhlmann

Wie hast du Rassismus erlebt im Schauspielgeschäft oder als Schauspieler?

Ich muss sagen, es gab Momente bei Projekten, wo Set-Runner am Set mir gesagt habe: „Die Komparsen sind in diesem Zelt“. Dabei war ich eigentlich eine tragende Figur, eine tragende Rolle. Oder ich wurde am Set gefragt, ob ich Deutsch spreche, ob man Deutsch mit mir sprechen kann. Das war ein sehr, sehr unangenehmes Gefühl. Wobei ich sagen muss, dass der Regisseur daraufhin auch auf mich zukam und sich für die Set-Runner oder für die Person entschuldigt hat. Es war eine unangenehme Situation am Set, dass es so passiert ist. Es sind solche Momente wie diese, die einfach prägen und die vergisst man halt nicht so schnell.

Was hat dir geholfen, da drüber zu stehen und trotzdem den Traum vom Schauspieler-Sein weiter zu verfolgen?

Wo ich groß geworden bin, ist meine Motivation. Ich bin im Stadtteil Jenfeld groß geworden. Ein Stadtteil, der auch seine Probleme hat. Aber wenn ich immer wieder in Jenfeld bin, dann kommen plötzlich Jugendliche auf mich zu und sagen mir, wie toll das ist, was ich mache. Dass sie mich und meine Projekte sehen. Und das macht mich so froh, dass das, was ich tue von Menschen aus meiner Community gesehen wird. Das ist was ganz Besonderes. Denn sie sehen das, fühlen sich inspiriert und sie werden dann auch sagen, sie haben Bock, irgendwas in der Richtung zu machen. Und das ist für mich Motivation. Ich kann was hinterlassen, wenn ich irgendwann älter werde und vielleicht nicht mehr diese Kraft habe, auf der Bühne oder vor der Kamera zu sein. Aber ich weiß, dass diese Projekte, die ich gemacht habe, für die Ewigkeit sind und auch Menschen inspirieren. Normalerweise, realisiert man das gar nicht. Ich bin ein ganz normaler Mensch und das ist meine Arbeit, die mir Spaß macht. Nach dem Dreh gehe ich natürlich, wie jeder andere nach Hause. Aber in dem Moment merkst du gar nicht, was für eine Wirkung du hinterlässt. Das kriegst du erst mit, wenn du diesen Austausch mit anderen Mitmenschen hast. Da merkst du auf einmal, dass das was ich tue, nicht nur was für mich selbst, sondern auch noch für andere Menschen ist. Und das macht mich stolz. 

Der Film Borga erzählt die Fluchtgeschichte von Kojo, der sich von Ghana auf den Weg nach Deutschland macht. Du hast auch ghanaische Wurzeln. Wie war das für dich, an den Film mitzuwirken?

Borga war was ganz Besonderes. Ich glaube, das war so eine Herzensangelegenheit. Was ich mir eigentlich in meinen kühnsten Träumen eigentlich gar nicht so vorgestellt habe, dass es mal möglich ist, einen Film wie diesen wirklich in Deutschland zu präsentieren und dafür noch eine Anerkennung zu bekommen. Erst mal a) die Sprache zu sprechen, die ich selbst zu Hause gesprochen habe, und das jetzt noch beruflich zu machen. Das ist Sprachlosigkeit. Am Set war auch dieses Gefühl da, auch mit den Kollegen. Das du wirklich siehst: Wow. Wir drehen einen deutsch-ghanaischen Film zum Teil in Deutschland und in Ghana. Es war auch sehr emotional für uns alle. Für mich speziell, weil ich niemals gedacht hätte, dass es möglich ist, in der jetzigen Zeit so was zu machen, zu produzieren und auch zu zeigen. Dieser Stolz mit, dem was dahintersteckt. Bis heute immer noch Gänsehaut.

Im Film wird der Traum vom Borga angesprochen. Ist es wirklich so verbreitet in Ghana?

Ja, war es lange Zeit. Also definitiv in einer Ära, in der auch meine Eltern nach Deutschland kamen. In den späten 70er, 80er Jahre. Da war es ganz klar so, dass es dein Ziel war, in den Westen zu gehen, um wirklich Borga zu werden. Um der Gesellschaft, aber auch deiner Community zu zeigen, dass du es gesellschaftlich und finanziell geschafft hast. Ich lebe den Traum als Borga. Durch Social Media wird vieles, was verborgen wurde, gezeigt. Also diese Illusion wie früher, ist es heute nicht mehr. Aber damals gab es keine Handys, da konntest du alles erzählen. Da zeigt man ein Foto und dann ist es so gewesen. Diese Geschichte erzählt die Geschichte meines Onkels, der auch damals nach Deutschland gekommen ist und diesen Traum hegte, es zu schaffen. Es erzählt die Geschichte von so vielen deutsch-ghanaischen Eltern. Hamburg war einfach damals ein Zufluchtsort, wo viele hinkamen. Deshalb auch der Borga, abgeleitet vom Hamburger. Die deutsch-ghanaische Community ist in Hamburg extrem groß vertreten.

Haben deine Eltern mit dir zu Hause auch die ghanaische Kultur gelebt?

Ja! Also in der Schule wurde deutsch gesprochen, mit Freunden wurde Deutsch gesprochen, zu Hause wurde Twi gesprochen. Da wurde auch ghanaisch gegessen. Also ich bin wirklich in einem bilingualen Kulturraum groß geworden. Das war ganz normal. Erst wenn du bei Freunden zu Besuch bist, erkennst du auf einmal, dass es bei anderen Leuten gar nicht so ist. Auch bei der Vorbereitung für Borga habe ich ganz viel Unterstützung von meiner Mama bei der Sprache bekommen. Da ich in Deutschland geboren bin, habe ich auch einen ghanaischen Akzent. Diesen Akzent rauszubekommen für den Film, das war schon eine große Challenge. Mein Coach war wirklich meine Familie. Auch hier in der Schule, gibt es manchmal Elternabende oder Gespräche mit Schülern, wo die Eltern nicht die deutsche Sprache wirklich gut beherrschen. Gerade wenn es um Lehrergespräche geht, bin ich dann noch mal kurz Dolmetscher. Wir haben eine große Anzahl von deutsch ghanaischen Kindern hier an der Schule, deshalb profitiere ich davon Twi zu sprechen. Also Ich bin meinen Eltern dankbar, dass wir das so gelernt haben, aber auch Deutsch und Englisch.

Balko Teneriffa ist dein neuestes Projekt. Wen spielst du da?

Ich spiele Manni Crash Burmeister. Manni ist auf Teneriffa groß geworden und er kennt Balko von früher. Sie hegen auch so eine gewisse Freundschaft und unterstützen sich auf eine Art und Weise. Manni kennt sich Teneriffa in und auswendig. Er kennt die ganzen Ecken, deshalb kommen Balko und Krapp oftmals auf Manni zu, weil Sie Unterstützung brauchen oder irgendwas anderes. Manni ist immer an der Stelle, wenn Not am Mann ist.

Was hat dir am meisten Spaß gemacht beim Drehen. Wie war das?

Es waren einmal die Location, die Kollegen waren ganz besonders, aber auch diese Actionszenen, die präsent waren. Weil wir bestimmte Bilder brauchten, bin ich beispielsweise stundenlang mit dem Jet-Ski gefahren. Das war großartig und dabei haben wir auch Delfine gesehen. Wir hatten auch die Uschi Glas dabei am Set. Ein Umfeld mit Menschen, die schon so lange im Business sind und von denen du auch was lernen kannst. Mit dem Ludger Pistor habe ich mich sehr, sehr gut verstanden. Wir haben oft abends auch mal zusammen noch einen Kaffee getrunken. Es war richtig toll. Aber es verging so schnell, es gab so viele Momente, die so besonders waren. Und jetzt der zweite Teil, da bin ich auch sehr gespannt. Man darf sich auf jeden Fall freuen. 

Was wäre deine Traumrolle?

Ich würde super gern einen richtig hammer Kommissar spielen. Eine Polizei Serie in jeglicher Form, aber eine gewisse Modernität dabei. Einfach auch in Deutschland, um die Veränderung darzustellen, wo wir jetzt gerade sind. Das wäre für mich schon so ein richtig toller Job. Mein Traum wäre, einen ganz neuen Tatort entstehen zu lassen. Ich finde, das geht unter in Deutschland. Man ist halt sehr traditionell, aber man muss doch Tradition auch mit Innovation verbinden können und grade in der jetzigen 2022 Zeit. Da sollte man sich auch trauen. Einfach diese Dinge zu zeigen. Ich bin felsenfest überzeugt, dass es passieren wird. Dafür arbeite ich. Dafür versuche ich mich immer wieder sichtbar zu zeigen. Um auch die Missstände zu zeigen, aber auch Perspektive, die wir angehen sollten, um das zu verändern.

Was ist dir wichtig oder was würdest du gerne den Leuten mitgeben?

Du bist jung und trau dich. Trau dich das, was du machen möchtest. Ein Traum zu haben und den Traum auch zu leben. Ich habe das Gefühl, dass Träume oftmals immer so kindlich dargestellt werden. Es geht immer so unter und ich finde, auch wenn du älter bist, ist es so wichtig, unsere Träume ganz klar zu benennen und auch anzugehen. Lebe deinen Traum und versucht deinen Traum auch auszuüben. Sprich es aus.

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Bildquelle: riopap